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Wo sind die Grenzen der Simultaneität: Die Enkodierung extern verursachter Zustandsveränderungen in Klassifikatorprädikaten der Deutschen Gebärdensprache (DGS)

Antragstellerin Dr. Cornelia Loos
Fachliche Zuordnung Allgemeine und Vergleichende Sprachwissenschaft, Experimentelle Linguistik, Typologie, Außereuropäische Sprachen
Förderung Förderung seit 2022
Projektkennung Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 502009339
 
Obwohl Gebärdensprachen auf allen Beschreibungsebenen fundamentale Parallelen zu natürlichen Lautsprachen aufweisen (Sandler & Lillo-Martin, 2006), zeigen sie dennoch Eigenschaften, die der visuell-gestischen Modalität eigen sind. Dieses Projekt baut auf dem offenkundigen Unterschied auf, dass Gebärdensprachen zwei manuelle Artikulatoren zur Verfügung haben (zusätzlich zu diversen nicht-manuellen Artikulatoren), die unabhängig voneinander bewegt werden können. Werden die Bewegungen der Hände koordiniert, kann damit u.a. Information über die Gleichzeitigkeit von zwei Ereignissen ausgedrückt werden. In diesem Fall repräsentiert jede Hand einen Ereignisteilnehmer, und die simultane Präsenz beider Hände repräsentiert die parallele Existenz dieser Referenten in Raum und Zeit (Perniss, 2007). Simultaneität auf verschiedenen Ebenen linguistischer Beschreibung ist bereits vielfach in der Gebärdensprachliteratur beschrieben worden (Vermeerbergen et al., 2007), jedoch bleiben die Grenzen der Simultaneität bisher relativ unerforscht. Das beantragte Projekt erforscht sowohl linguistische als auch nicht-linguistische Beschränkungen bzw. Bedingungen zum simultanen Ausdruck von komplexen Ereignissen, in denen zwei Teilereignisse gleichzeitig stattfinden. Anhand von Daten der Deutschen Gebärdensprache (DGS) schaue ich mir den Ausdruck von Ereignissen an, die einen extern verursachten Zustandswechsel beschreiben. Dazu zählt beispielsweise Marie hat den Löffel flachgehämmert, da Maries Hämmern einen Zustandswechsel im Flachheitsgrad des Löffels verursacht. Hier gehen Hämmern und flacher werden 'Hand in Hand', was eine visuell-gestische Sprache wie DGS ikonisch ausgedrückt können sollte, indem z.B. eine Hand das Hämmern repräsentiert und die andere den flacher werdenden Löffel darstellt. Solche Darstellungen der visuellen Eigenschaften eines Objekts finden sich typischerweise in Klassifikatorprädikaten (CCs) in DGS und anderen Gebärdensprachen, weswegen der Fokus dieses Projekts auf diesem Prädikattyp liegt. CCs werden zumeist dahingehend analysiert, dass sie sowohl linguistische als auch gestische Komponenten enthalten (e.g. Davidson, 2015). Ein wesentlicher Beitrag der vorgelegten Projektskizze ist somit eine empirisch begründete Analyse der linguistischen vs. gestischen Eigenschaften von CCs in DGS. Zu diesem Zwecke plane ich eine Reihe von Korpus- und experimentellen Studien (Produktion und Akzeptabilität), die darlegen, wie ikonische Motivation, physiologische Beschränkungen, Phonologie und diskurs-pragmatische Vorgaben interagieren um den simultanen Ausdruck von extern verursachten Zustandswechseln in DGS vs. in Silent Gesture zu formen. Ziel ist es einerseits, unser Verständnis davon zu vertiefen, wieviel Simultaneität visuell-gestische Sprachen wie DGS erlauben, und andererseits ein Modell simultaner CCs zu entwickeln.
DFG-Verfahren Schwerpunktprogramme
 
 

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