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Diagnostizieren (in) der Moderne

Fachliche Zuordnung Soziologische Theorie
Neuere und Neueste Geschichte (einschl. Europäische Geschichte der Neuzeit und Außereuropäische Geschichte)
Förderung Förderung seit 2021
Projektkennung Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 496574095
 
Diagnostizieren ist ein Modus gesellschaftlicher Selbstbeobachtung und -problematisierung, in dem sich die ‚Moderne‘ als eine Epoche konstituiert, die ‚Gesellschaft‘ im Unterschied zu früheren Epochen „als Bedrohung, Möglichkeitsraum und Interventionsfeld“ (Etzemüller 2019, S. 105) einführte. Dieser Arbeitshypothese möchte das Netzwerk im interdisziplinären Austausch nachgehen. Es begreift das Diagnostizieren als ein Verfahren, das eine gegenwärtige Wirklichkeit – den ‚Zustand‘ einer Gesellschaft, der Umwelt, eines Individuums usw. – unter dem Gesichtspunkt der in ihr anlegten Zukunftsaussichten beobachtet und als gestaltbare Ressource objektiviert. In diesem Sinn dienen Diagnosen überwiegend als ein Frühwarnsystem, das ein rechtzeitiges Ergreifen von Maßnahmen zur Problemlösung und Zukunftsgestaltung ermöglichen soll: Drohende Fehlentwicklungen sollen unterbunden, Potenziale ausgeschöpft werden. Diagnostiziert wird explizit und implizit in allen möglichen gesellschaftlichen Bereichen, in diversen Formen, mit verschiedensten Techniken. Das Netzwerk nimmt sowohl die Resonanzen und Echoeffekte als auch die Dissonanzen und Konflikte in den Blick, die sich in historisch kontingenten gesellschaftlichen Konstellationen in dieser Vielfalt des Diagnostizierens einstellen können. Es untersucht die Begriffe, Felder, Praktiken, Narrative und Hegemonien des Diagnostizierens und interessiert sich dabei insbesondere für die Wechselspiele zwischen ‚großen’ diagnostischen Narrativen (etwa des Klimawandels oder pandemischer Entwicklungen) und den zahlreichen ‚kleinen‘, unspektakulären Praktiken des Diagnostizierens (der eigenen ‚Umwelt‘, des Körpers usw.) im Alltag. Die Realisierung dieses Forschungsprogramms setzt einen systematischen Wechsel der Forschungsperspektiven zwischen zooming in und zooming out (Nicolini 2012) und ein historisch-genealogisches Vorgehen voraus. Sie ist somit nicht nur inhaltlich, sondern auch methodologisch auf eine Zusammenarbeit von Sozial-, Geistes- und Kulturwissenschaften angewiesen. Im Ergebnis sollen (a) historisch und empirisch fundierte Einsichten in die Bedeutung von Diagnosen und Praktiken des Diagnostizierens für die Selbstkonstitution moderner Gesellschaften und ihrer Subjekte gewonnen, (b) Fragen für Anschluss-Forschungen entwickelt und (c) selbstkritisch die (bspw. eurozentrischen) Vorannahmen und Grenzen des eigenen Forschungsprogramms reflektiert werden. Strategische Ziele des Netzwerks sind 1. die Erhöhung der (internationalen) Sichtbarkeit des Themas (auch in einer breiten Öffentlichkeit), 2. die Förderung des beteiligten wissenschaftlichen Nachwuchses und 3. die Entwicklung eines Forschungskonzepts für ein größeres Verbundprojekt.
DFG-Verfahren Wissenschaftliche Netzwerke
Mitverantwortlich Professor Dr. Martin Butler
 
 

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