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Vergleich der Sprachideologien in der Sowjetunion und der heutigen Russischen Föderation – Kontinuität, Brüche, Neuorientierungen

Fachliche Zuordnung Einzelsprachwissenschaften, Historische Linguistik
Förderung Förderung seit 2021
Projektkennung Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 492769567
 
Das Jahr 2018 ist ein Wendepunkt in der Entwicklung der Zwei- und Mehrsprachigkeit in der Russischen Föderation: Die Republik-Staatssprachen und nicht-russischen Nationalsprachen sind nach einer heftigen Debatte als fakultativ im Bildungssystem verankert worden. Nicht nur angesichts dieser einschneidenden Zäsur im Umgang mit der Mehrsprachigkeit liegt der Zeitpunkt für einen systematischen Vergleich der Sprachideologien der Russischen Föderation mit denjenigen der Sowjetunion auf der Hand – auch die aktuelle intensive Bezugnahme auf die sowjetische Sprachenpolitik im gesellschaftlichen und wissenschaftlichen Diskurs der Russischen Föderation legt dies nahe. Die neueste sprachpolitische Entwicklung bricht mit dem in offiziellen Dokumenten verankerten Recht auf Unterricht der Muttersprache, dessen Kontinuität zum Modell der Massenzweisprachigkeit und dem offiziellen Prinzip der Gleichheit der Sprachen in der Sowjetunion offensichtlich ist. Brüche betreffen des Weiteren die verschiedenen Phasen der Sprachenpolitik in der Sowjetunion, die de-jure-Verankerung der Staatssprachenideologie nach dem Zerfall der Sowjetunion und das heutige monolinguale nation-building in der Russischen Föderation. Dieses schöpft aus sowjetischen Sprachideologien – darunter Um- oder Neuinterpretationen der Einheit in der Vielfalt oder des „velikij i mogučij russkij jazyk“. Inwieweit die Sprachideologien der Russischen Föderation im Vergleich mit denjenigen der Sowjetunion als Kontinuität, Brüche oder Neuorientierungen zu bewerten sind, ist Ziel der umfangreichen diskursanalytischen Untersuchungen im beantragten Projekt.Grundlage des Vergleichs Sowjetunion – Russische Föderation sind aus der Forschungsliteratur und dem Projektkorpus identifizierte Schlüsselthemen der Sprachenpolitik und der Sprachideologien wie Einheit in der Vielfalt, Gleichheit der Sprachen, „velikij i mogučij russkij jazyk“, „russkij kak rodnoj“ u.a. Der Vergleich basiert auf einem triangulierten Datenkorpus zur Sowjetunion und Russischen Föderation (offizielle Dokumente, sprachbezogene Expertendiskurse und öffentliche Diskurse), das ein breites Akteursspektrum umfasst. Zusätzlich wird ein Kontrollkorpus aus Leitfaden-Interviews aufgebaut. Die Analysemethoden stützen sich auf diskursive Zugänge zur Sprachenpolitik verschiedener Konzeptionen. Das Projekt zielt durch den Vergleich der Sowjetunion mit der Russischen Föderation darauf ab, die Fortführung, Umdeutung oder Rekontextualisierung von Sprachideologien auf der Grundlage einer Längsschnittuntersuchung offen zu legen. In methodischer Hinsicht verfolgt das Projekt das Ziel, diskurslinguistische Zugänge zur Sprachenpolitik und -ideologie weiterzuentwickeln, indem sie für die Analyse von Sprachsituationen im östlichen Europa fruchtbar gemacht werden. So sollen soziolinguistische Forschungstraditionen in Ost und West (wieder) stärker synthetisiert werden. Insgesamt sollen so Dynamiken in sprachbezogenen nation-building-Diskursen aufgedeckt werden.
DFG-Verfahren Sachbeihilfen
 
 

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