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Entwicklung eines "virtuellen Parasiten" auf der Basis von Bilddaten

Fachliche Zuordnung Bioinformatik und Theoretische Biologie
Biophysik
Förderung Förderung seit 2021
Projektkennung Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 492009601
 
Im Lebenszyklus eukaryotischer Parasiten kommt es zu vielfältigen physikalischen Wechselwirkungen mit der Wirtsumgebung während Motilität und Adhäsion. Dies erfordert eine optimale Anpassung der mechanischen Eigenschaften des Parasiten an seine Umgebung. Die Form und Elastizität einzelliger Parasiten wird weitgehend durch deren Zytoskelett bestimmt. In parasitären Kinetoplastiden wie Trypanosoma brucei besteht dieses aus einer subpellikulären Anordnung von Mikrotubuli, die ein Korsett um die gesamte Zelle bilden. Wie genau die Wechselwirkung zwischen dem Schlag der Flagelle, die mit dem Zytoskelett verbunden ist und sich um die ganze Zelle windet, und der mechanischen Antwort des Zellkörpers die komplexen rotationsförmigen Schwimmbewegungen von T. brucei erzeugt, ist nicht bekannt. Um diese Frage zu beantworten, wird ein detailliertes strukturelles und mechanisches Modell des Zytoskeletts und des Zellinneren benötigt, welche zusammen die Elastizität der Zelle definieren. In diesem Projekt werden wir aus hochauflösenden Bilddaten „virtuelle Parasiten“ als Grundlage für ein genaues, datenbasiertes mechanisches Verständnis der Biophysik von Parasiten erstellen. In enger Zusammenarbeit mit der Gruppe von Markus Engstler, der Bilddaten und Parasitologie-Know-how bereitstellen wird, erstellen wir zunächst eine vollständige semantische Segmentierung (Annotation auf Pixelebene) von Elektronentomographie-Bildvolumina verschiedener Entwicklungsstadien von T. brucei mithilfe von Deep Learning. Erste Ergebnisse zu diesem Ziel wurden bereits erreicht und belegen die Machbarkeit unseres Ansatzes. Wir werden dann eine automatisierte Verfolgung von Mikrotubuli-Filamenten und eine semi-supervised Instanzsegmentierung des Zellinneren durchführen, um ein vollständiges 3D-Strukturmodell der Zelle zu erhalten. Dieses Modell wird anschließend in ein annotiertes Volumennetz umgewandelt, das für die Finite-Elemente-Analyse geeignet ist, und einem In-Silico-Verformungstest unterzogen, um das Modell anhand experimenteller Daten zu validieren. Vereinfachte Versionen des Modells werden erzeugt und theoretischen Arbeitsgruppen zur Verfügung gestellt, welche die Motilität von T. brucei innerhalb des SPP2332 untersuchen. Der gesamte Workflow sowie die Bilddaten und das Modell werden allen interessierten Kooperationspartnern über eine webbasierte Ressource zur Visualisierung und Erkundung des „virtuellen Parasiten“ zur Verfügung gestellt. Das Potential solcher datengesteuerter „virtueller Parasiten“ ist vielfältig und geht weit über T. brucei hinaus: durch Anpassung des Workflows an andere Bilddaten können ähnliche mechanobiologische Phänomene bei anderen Modellparasiten untersucht werden. Unser datenbasierter Ansatz wird daher neue Wege zum Verständnis der Physik des Parasitismus ermöglichen, indem er Bildgebung mit Computersimulationen verbindet.
DFG-Verfahren Schwerpunktprogramme
 
 

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