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Perimenstrueller Abfall der Geschlechtshormone, Exekutivfunktionen und proximales Suizidrisiko: Ein experimenteller Ansatz
Antragstellerin
Dr. Katja Schmalenberger
Fachliche Zuordnung
Persönlichkeitspsychologie, Klinische und Medizinische Psychologie, Methoden
Biologische Psychologie und Kognitive Neurowissenschaften
Biologische Psychologie und Kognitive Neurowissenschaften
Förderung
Förderung von 2021 bis 2024
Projektkennung
Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 470147139
Suizide und nicht-tödliche Suizidgedanken und -verhaltensweisen stellen weltweit ein schwerwiegendes Gesundheitsproblem mit potentiell verheerenden Auswirkungen auf Individuen, Familien und Gemeinden dar. Trotz umfassender Forschung hat sich unsere Fähigkeit, Suizide vorherzusagen oder zu verhindern, in den letzten Jahrzehnten nicht ausreichend verbessert. Die Mechanismen, die Suizidalität zugrunde liegen, sollten dringend besser verstanden werden – insbesondere Prädiktoren für unmittelbar erhöhtes Suizidrisiko (im Gegensatz zu erhöhtem Lebenszeitrisiko). Da korrelative Studien zeigen, dass Suizide und Suizidversuche bei Frauen im fruchtbaren Lebensabschnitt häufiger in den Wochen um das Einsetzen der Menstruation („perimenstruelle“ Phase) auftreten, könnten die Schwankungen der Geschlechtshormone Estradiol (E2) und Progesteron (P4) genau einen solchen Prädiktor darstellen. Tatsächlich liefert die Pilotstudie für das geplante Forschungsprojekt die ersten experimentellen Belege für die Annahme, dass der Abfall der E2- und P4-Spiegel (der die perimenstruelle Phase des Menstruationszyklus auszeichnet) das unmittelbare Suizidrisiko erhöht. Welche Mechanismen diesem Effekt zugrunde liegen, bleibt jedoch weiterhin unklar. Da die perimenstruelle Phase auch mit Beeinträchtigungen der Exekutivfunktionen (einer Sammlung kognitiver Prozesse, die uns ziel- und zukunftsorientiertes Verhalten ermöglichen) zusammenhängt und diese Beeinträchtigungen wiederum mit erhöhtem Suizidrisiko in Verbindung stehen, könnte der Effekt von perimenstruellem Hormonabfall auf das proximale Suizidrisiko durch beeinträchtigte Exekutivfunktionen vermittelt werden. Im Rahmen des beantragten Projekts wird diese Hypothese zum ersten Mal empirisch überprüft. Hierfür werden in einem placebokontrollierten Experiment 90 ambulante Patientinnen mit Suizidgedanken im vorangegangenen Monat in randomisierter Reihenfolge jeweils zwei perimenstruelle Bedingungen durchlaufen: (1) natürlicher perimenstrueller Hormonabfall (Placebopflaster und -tabletten; Placebobedingung) und (2) Verhinderung des perimenstruellen Hormonabfalls durch Gabe exogener Hormone (E2-Pflaster und P4-Tabletten; Experimentalbedingung). Bei jedem der zehn Laborbesuche werden (a) die Hormonspiegel über Blutproben, (b) die Kern-Exekutivfunktionen (Arbeitsgedächtnis, Inhibition und Shifting) mittels objektiver Tests und (c) das unmittelbare Suizidrisiko (Gedanken, Planungen, Absicht, nicht-suizidale Selbstverletzung, Versuche) per Selbstbericht erfasst. Ob es die Beeinträchtigungen der Exekutivfunktionen sind, durch die das perimenstruelle Suizidrisiko vergrößert wird, wird mittels Mehrebenenmodellen und Mediatoranalyen getestet. In jedem Fall wird die Studie somit klären, welche Prozesse für das perimenstruell erhöhte Suizidrisiko eine Rolle spielen (und gegebenenfalls welche nicht) und dadurch die äußerst wichtige Suche nach beeinflussbaren Zielgrößen für die Behandlung von unmittelbar erhöhtem Suizidrisiko unterstützen.
DFG-Verfahren
WBP Stipendium
Internationaler Bezug
USA
Gastgeberin
Professorin Dr. Tory Eisenlohr-Moul