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Die neuronalen Grundlagen des Mustersehens der Insekten
Antragstellerin
Dr. Anna Stöckl
Fachliche Zuordnung
Kognitive, systemische und Verhaltensneurobiologie
Biologie des Verhaltens und der Sinne
Biologie des Verhaltens und der Sinne
Förderung
Förderung seit 2022
Projektkennung
Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 470081111
Der Sehsinn vermittelt uns einen wichtigen Zugang zur Umwelt. Aufgrund seiner fundamentalen Bedeutung für Menschen und Tier steht die Frage, wie das Gehirn die visuelle Wahrnehmung ermöglicht, an zentraler Stelle in der neurowissenschaftlichen Forschung. Auch um diesen Text zu entschlüsseln ist eine wichtige Komponente des visuellen Systems aktiv: das Mustersehen. Es trägt entscheidend zur Objekterkennung, Kommunikation, und Orientierung bei, und bildet daher einen fundamentalen Pfeiler des visuellen Systems. In seiner allgemeinsten Form, dem invarianten Mustersehen, werden Muster unabhängig von ihrer Größe, Orientierung, oder ihres Kontrasts erkannt. Das menschliche Gehirn nutzt dazu hunderte Millionen Nervenzellen. Daher ist es umso erstaunlicher, dass auch Insekten, mit ihren Reiskorn-kleinen Gehirnen, ebenfalls Muster erkennen. Einige Insekten teilen dabei sogar die Fähigkeit der Primaten, Mustermerkmale zu generalisieren. Sie bieten somit die Möglichkeit, die Grundlagen der invarianten Mustererkennung in einem Organismus mit begrenzter neuronaler Kapazität zu untersuchen. Obwohl das Mustersehen der Insekten im Verhalten detailliert beschrieben ist, ist sehr wenig darüber bekannt, wie es neuronal verarbeitet wird. In diesem Projekt plane ich daher, diese Lücke mithilfe eines geeigneten Modellorganismus zu schließen und die neuronalen Grundlagen der Mustererkennung zu entschlüsseln.Das Taubenschwänzchen (Macroglossum stellatarum) zeigt ein biologisch relevantes invariantes Mustererkennungsverhalten, und hat ein physiologisch leicht zugängliches Nervensystem. Es ist somit ideal geeignet, um die neuronalen Grundlagen des Mustersehens zu untersuchen: 1) eine quantitative Verhaltensanalyse wird die psychophysischen Parameter der Mustererkennung bestimmen, und (2) intrazelluläre Ableitungen erstmals Muster-codierende Neurone im Insektengehirn charakterisieren. Um eine Brücke vom Verhalten zur Physiologie zu schlagen, werden wir (3) Tetrodenableitungen an Schwärmern, die aktiv Muster in einer virtuellen Realität inspizieren, durchführen. Dies wird zeigen, wie Muster in sich verhaltenden Insekten codiert werden. (4) Ein Computermodell wird mechanistische Einsichten über die Möglichkeiten in vivo hinaus bieten, und seine Implementierung in einem Flugroboter wird optimale Strategien für aktives Sehen zur Mustererkennung aufzeigen. Die neuronalen Mechanismen der Mustererkennung in Schwärmern werden die Grundlage für zukünftige vergleichende Arbeiten an Insekten legen. Ein Vergleich mit Wirbeltieren wird konvergente neuronale Strategien aufzeigen, sowie auch Unterschiede zwischen den Gruppen, die aus der deutlich geringeren Verarbeitungskapazität der Insekten resultieren. Die Flugroboter-Implementierung des Mustererkennungsmodells wird unsere biologischen Erkenntnisse in eine technische Anwendung transferieren. So wird dieses Projekt wichtige Beiträge zur Neurowissenschaft, der Sinnesökologie und Robotik leisten.
DFG-Verfahren
Emmy Noether-Nachwuchsgruppen