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Neue Perspektiven zur Dynamik der Diphthonge
Antragstellerin
Professorin Dr. Marianne Pouplier
Fachliche Zuordnung
Allgemeine und Vergleichende Sprachwissenschaft, Experimentelle Linguistik, Typologie, Außereuropäische Sprachen
Förderung
Förderung seit 2022
Projektkennung
Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 469384455
Ziel unseres Forschungsvorhabens ist es, aufgrund einer eingehenden Untersuchung verschiedenartiger Diphthonge in zwei Sprachen unser Grundverständnis von Diphthongen und deren intrinsischen Dynamik auf eine neue Basis zu stellen. Obwohl Diphthonge in zahlreichen Vokalsystemen in den Sprachen der Welt belegt sind, ist der derzeitige wissenschaftliche Erkenntnisstand zu ihren definierenden Charakteristika begrenzt und es herrscht Uneinigkeit darüber, wie ihre schillernde Identität zwischen Einzel- und Zwielaut theoretisch und empirisch zu greifen ist. Unser Projekt wird die Diphthonge des Tirolerischen und Sardischen unter Einbeziehung neuester Methoden zur Datenquantifizierung in der Phonetik erforschen, um unser Wissen über die Diphthong-Dynamik in der Sprachproduktion signifikant zu erweitern. Tirolerisch und Sardisch sind hierbei besonders geeignete Untersuchungsobjekte aufgrund ihrer großen, strukturell unterschiedlichen Diphthong-Inventare. Unsere Arbeit birgt in mehrfacher Hinsicht innovatives Potential: Zum einen liefern wir die erste umfassende phonetische Beschreibung der Vokalinventare zweier phonetisch wenig erforschter Sprachen, einschließlich ihrer zahlreichen Diphthonge. Wir werden das Vokalinventar (Monophthonge und Diphthonge) des Tirolerischen, wie es in Meran gesprochen wird, und der Cagliari Campidanese-Varietät des Sardischen, einer gefährdeten Sprache, akustisch aufzeichnen. Wir werden 40 Sprecher pro Sprache aufnehmen, aufgeteilt in zwei Altersgruppen, um eventuelle Anzeichen von Lautwandel beobachten zu können. Zweitens werden wir modernste statistische Verfahren zur Analyse von Zeitreihendaten nutzen, um die innere zeitliche Struktur der Diphthonge dieser Sprachen unter verschiedenen prosodischen Bedingungen zu beleuchten. Diese Analysen können ganz neue Perspektiven auf die Frage eröffnen, ob Diphthonge als Sequenz zweier Vokalgesten, die in unterschiedlichem Maße koartikuliert werden, verstanden werden können, oder ob Diphthonge vielmehr eine dynamische Übergangsbewegung durch den Vokalraum ansteuern. Drittens werden wir eine Datenbank mit unseren Aufnahmen sowie sprachtechnologische Modelle zur automatischen Segmentierung tirolerischer und sardischer Sprachdaten frei zur Verfügung stellen und somit zukünftige Forschung zu diesen Sprachen erleichtern. Die Erweiterung unseres Wissens über die Dynamik von Diphthongen in verschiedenen Sprachen einerseits und über ihre Beziehung zu Monophthongen und Hiat andererseits ist von hoher Relevanz für unser theoretisches und empirisches Verständnis von (1) Vokalarten und synchronen Vokalsystemen, (2) deren diachronen Entwicklung sowie (3) Sprachproduktionstheorien, die sich nur selten mit Diphthongen befassen. Unser italienisch-deutsches Forschungsteam ist hervorragend aufgestellt, um diese Untersuchung der reichhaltigen Vokalsysteme des Tirolerischen und Sardischen in Angriff zu nehmen, da es Expert*innen für Sprachproduktion, Sprachvariation und Dialektologie zusammenbringt.
DFG-Verfahren
Sachbeihilfen
Internationaler Bezug
Italien
Partnerorganisation
Autonome Provinz Bozen - Südtirol
Kooperationspartner
Professor Dr. Alessandro Vietti