Durch elektrische Felder induzierte reversible strukturelle Änderungen in Kristallen mit Perowskitstruktur und nasschemische Synthese strukturell verwandter Phasen
Zusammenfassung der Projektergebnisse
Schwerpunkte des Vorhabens waren zum einen die Untersuchung reversibler langreichweitiger struktureller Änderungen in ionischen Kristallen mit Perowskitstruktur unter der Wirkung elektrischer Felder und zum anderen die nasschemische Synthese strukturell verwandter Ruddlesden-Popper-Phasen. Im Rahmen der Paketförderung konnten in reger Zusammenarbeit die röntgenographisch gewonnenen Messergebnisse theoretisch untersetzt und durch die elektronenmikroskopische Charakterisierung komplementär abgerundet werden. An makroskopischen SrTiO3-Einkristallen konnten wesentliche Informationen über die im elektrischen Feld ablaufenden Prozesse gewonnen werden. So zeigten sich schaltbare reversible Änderungen der mechanischen Eigenschaften Härte und Elastizität, aber auch der Valenz des Titan-Atoms im Bereich unterhalb der Anode. Dies erklären wir mit einem Modell der Diffusion von Sauerstoff-Leerstellen, getrieben durch das elektrostatische Feld. Aufbauend darauf konnte erfolgreich der defektinduzierte Magnetismus in SrTiO3 mit Sauerstoff-Defizit vorausgesagt und nachgewiesen werden. Der wesentliche Einfluss der elektrischen Fomiierung für die Anwendung in elektrischen Funktionselementen wurde mehrfach herausgearbeitet. Im Zusammenhang damit durchgeführte theoretische Berechnungen zur Stabilität von Punktdefekten in SrTiO3 ergeben eine bevorzugte Bildung von Defektclustern. Nach dem Prinzip der Sauerstoff- Umverteilung arbeitende resistive Speicherzellen konnten realisiert werden. Eine weitere Untersuchung derartiger neuartiger Datenspeicher ist im Rahmen des Nachfolgeprojektes MEMRIOX gesichert. Die nasschemische Herstellung von Ruddlesden-Popper-Phasen ermöglicht einen weiteren Zugang zur gezielten Beeinflussung der elektrischen Eigenschaften von perowskitverwandten Phasen. Fortschritte bei der Präparation derartiger Schichten auf verschiedenen Substraten unter Einbeziehung eines entsprechenden Parameterfeldes konnten per Röntgenbeugung und Transmissionselektronenmikroskopie verifiziert werden. Die Untersuchung der Mikrostruktur konnte so auch ortsaufgelöst durchgeführt werden, womit Wachstumsprozesse nachvollziehbar wurden. Im Ergebnis konnten verschiedene Vertreter gezielt epitaktisch auf SrTiO3 abgeschieden werden. Die in den Schichten auftretenden kristallographischen Phasen stehen im Einklang mit theoretischen Rechnungen zur Phasenstabilität. Die experimentellen Ergebnisse zur Beeinflussung von elektronischer und kristalliner Struktur an Metall-Oxid-Grenzflächen konnten durch die Kooperation innerhalb des Paketantrags vielfach durch Ab-initio-Simulationen unterstützt werden. Diese erlaubten zudem weitergehende Erkenntnisse zu den Bindungsverhältnissen zwischen Metall und Oxid. Darauf aufbauend wurden auch Adsorptionsphänomene an Oxidoberflächen von theoretischer Seite untersucht. Dies zeigt, dass die in Elektrodennähe ablaufenden Prozesse insbesondere durch Simulationen gut zugänglich sind. Ausgehend von den im Projekt beabsichtigen Zielen wurden bereits vielfältige Erweiterungen vorgenommen. Die Untersuchung von Domänenwänden in multiferroischem BiFeO3 ist dafür ein Beispiel. Insgesamt sind die am Modellsystem SrTiO3 gewonnenen Ergebnisse eine solide Grundlage für weitere Studien an perowskitvenwandten Systemen. Die Kooperation innerhalb des Paketantrags dient als Basis für weitere Forschungsvorhaben.
Projektbezogene Publikationen (Auswahl)
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„Vorrichtung und Verfahren zur Erzeugung von schaltbarem temporärem Magnetismus in oxidischen Materialien mittels elektrischer Felder", Deutsches Patent DE 102008019860, 2008
H. Stöcker, T. Leisegang, D. C. Meyer
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„Binding properties between ferroic oxides and metals". The European Physical Journal B 67 (2009) 57-62
V. Pankoke, S. Gemming
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„Conduction at domain walls in oxide multiferroics". Nature Materials 8 (2009) 229-234
J. Seidel, L W. Martin, Q. He, Q. Zhan, Y.-H. Chu, A. Rother, M. E. Hawkridge, P. Maksymovych, P. Yu, M. Gajek, N. Balke, S. V. Kalinin, S. Gemming, F. Wang, G. Catalan, J. F. Scott, N. A. Spaldin, J. Orenstein, R. Ramesh
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„First-principles study of ferroelectric domain walls in multiferroic bismuth ferrite". Physical Review B 80 (2009) 104110
A. Lubk, S. Gemming, N. A. Spaldin
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„Switching Ti Valence in SrTiO3 by a dc Electric Field", Physical Review Letters 102 (2009) 087601
T. Leisegang, H. Stöcker, A. A. Levin, T. Weißbach, M. Zschornak, E. Gutmann, K. Rickers, S. Gemming, D. C. Meyer
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„Electric field mediated switching of mechanical properties of strontium titanate at room temperature". Crystal Research and Technology 45 (2010) 13-16
H. Stöcker, M. Zschornak, T. Leisegang, I. Shakhverdova, S. Gemming, D. C. Meyer
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„Formation of Schottky-type metal/SrTiO3 junctions and their resistive properties". Applied Physics A 100 (2010) 437-445
H. Stöcker, M. Zschornak, J. Seibt, F. Hanzig, S. Wintz, B. Abendroth, J. Kortus, D. C. Meyer
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„Surface modeling and chemical solution deposition of SrO(SrTiO3)n Ruddlesden-Popper phases", Acta Materialia 58 (2010) 4650-4659
M. Zschornak, S. Gemming E. Gutmann, T. Weißbach, H. Stöcker, T. Leisegang, T. Riedl, M. Tränkner, T. Gemming, D. C. Meyer
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„Defect-induced ferromagnetism in crystalline SrTiO3", Journal of Magnetism and Magnetic Materials 323 (2011) 1551-1562
K. Potzger, J. Osten, A. A. Levin, A. Shalimov, G. Talut, H. Reuther, S. Arpaci, D. Bürger, H. Schmidt, T. Nestler, D. C. Meyer
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„Single crystal strontium titanate surface and bulk modifications due to vacuum annealing", Journal of Applied Physics 110 (2011) 064107
J. Hanzig, B. Abendroth, F. Hanzig, H. Stöcker, R. Strohmeyer, D. C. Meyer, S. Lindner, M. Grobosch, M. Knupfer, C. Himcinschi, U. Mühle, F. Munnik