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Individuelle nicht-menschliche Gehirne: Untersuchung neuronaler Grundlagen der Persönlichkeit beim Hausschwein
Antragstellerin
Dr. Charlotte Goursot
Fachliche Zuordnung
Tiermedizin
Biologie des Verhaltens und der Sinne
Biologische Psychiatrie
Tierzucht, Tierernährung, Tierhaltung
Biologie des Verhaltens und der Sinne
Biologische Psychiatrie
Tierzucht, Tierernährung, Tierhaltung
Förderung
Förderung von 2021 bis 2024
Projektkennung
Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 464508359
In der Tierwohlforschung vollzieht sich ein historischer Wandel, indem nichtmenschliche Tiere zunehmend als Individuen gesehen werden. Menschen unterscheiden sich in ihrer neuronalen Aktivität während der emotionalen Verarbeitung und Regulierung („affektiver Stil“). Auffallend dabei ist, dass die grundlegende zerebrale Lateralisation (die Tatsache, dass eine Gehirnhälfte aktiver ist als die andere) affektive Stile und insbesondere individuelle Motivationstendenzen vorhersagt, die der Persönlichkeit zugrunde liegen. Die BIS/BAS-Hypothese besagt, dass Annäherungs-Vermeidungskonflikte (deren neurales Substrat das „behavioural inhibition system“, BIS, ist) von der rechten Gehirnhälfte reguliert werden, während die Belohnungssensitivität (deren neurales Substrat das „behavioural activation system“, BAS, ist) von der linken Gehirnhälfte reguliert wird. Beim Menschen lässt sich diese Hypothese durch die Verwendung von fragenbogenbasierten BIS/BAS-Skalen in Kombination mit der Magnetresonanztomographie (MRT) überprüfen. Solche BIS/BAS-Skalen gibt es bei nichtmenschlichen Tieren noch nicht, obwohl sie zum Verständnis neurophysiologischer Grundlagen der Persönlichkeit notwendig sind. Dies könnte auch erklären, warum Studien über affektive Stile bei nichtmenschlichen Tieren fehlen. Studien bei solchen Tieren zur Lateralität (d.h. Gehirn- und Körperasymmetrien) nutzen die Tatsache, dass jede Gehirnhälfte die kontralaterale Körperseite kontrolliert, und erlauben dadurch nicht-invasive Beobachtungen der Verhaltenslateralisation (d.h. Seitenpräferenzen). Insbesondere soll die Beobachtung konsistenter, individueller Verhaltenslateralisationsmuster einen Einblick in ihre grundlegende zerebrale Lateralisation und Persönlichkeit geben. Befunde bei nichtmenschlichen Tieren zeigen, dass eine erhöhte Aktivität der linken Gehirnhälfte mit höherer Kühnheit und Erkundung assoziiert ist. Dies deutet eine potenzielle Lateralisation von BIS und BAS an. Darüber hinaus ist über neuronale Grundlagen der Tierpersönlichkeit wenig bekannt. Ein notwendiger erster Schritt besteht darin, eine Methodik für die Bewertung individueller Unterschiede bei Annäherungs-Vermeidungskonflikten (BIS) und Belohnungssensitivität (BAS) bei nichtmenschlichen Tieren zu entwickeln und diese mit neurophysiologischen Messungen zu kombinieren. Die Entwicklung einer innovativen Multi-Ansatz-Methodik ist das Gesamtziel dieses Projekts. Um die neuronale Grundlage der Persönlichkeit bei nichtmenschlichen Tieren besser zu verstehen, werde ich zuerst eine zuverlässige BIS/BAS-Skala bei Schweinen entwickeln und im Zusammenhang mit der Verhaltenslateralisation testen. Als komplementären Ansatz werde ich zum ersten Mal bei einem nichtmenschlichen Tier Verhaltensindikatoren der Persönlichkeit und Lateralisation mit Messungen der Gehirnstruktur und -aktivität mittels MRT kombinieren. Dieses innovative Projekt stellt einen Meilenstein in der Forschung zu affektiven Stilen bei nichtmenschlichen Tieren dar.
DFG-Verfahren
WBP Stipendium
Internationaler Bezug
Österreich
Gastgeber
Professor Jean-Loup Rault, Ph.D.