Effektivität und Sicherheit bilateraler repetitiver transkranieller Magnetstimulation (Theta Burst Stimulation) zur Behandlung des chronischen Tinnitus
Final Report Abstract
Tinnitus, die Wahrnehmung von elementaren Tönen oder Geräuschen in Abwesenheit eines auditorischen Stimulus, ist eine häufige aber noch wenig verstandene Störung des auditorischen Systems. Etwa 10-15% der Bevölkerung sind davon betroffen. Bei 1-2% ist der Tinnitus von erheblichen Beeinträchtigungen der psychischen Gesundheit begleitet. Die Behandlung ist häufig von einer zumeist wenig effektiven Polypragmasie gekennzeichnet. In den meisten Fällen geht der Tinnitussymptomatik eine dauerhafte oder vorübergehende Hörbeeinträchtigung voraus. Neurowissenschaftliche Untersuchungen zeigen relevante Veränderung regionaler Hirnaktivität. Mittels repetitiver transkranieller Magnetstimulation (rTMS) lässt sich die Hirnaktivität fokal beeinflussen und die Tinnituswahrnehmung vorübergehend reduzieren. Im Hinblick auf therapeutische Effekte ist das Ausmaß der damit bisher erreichten Tinnitusreduktion aber noch unbefriedigend, das individuelle Ansprechen variabel und das optimale Stimulationsareal strittig. Mit der 'continuous Theta-Burst Stimulation' (cTBS) steht nun ein rTMS-Verfahren zur Verfügung, das bei niedriger Stimulationsintensität und -dauer zu einer ausgeprägten und anhaltenderen Reduktion kortikaler Erregbarkeit führt. Methode: Mit einer dreiarmigen, randomisierten, kontrollierten Studie wurde die Wirksamkeit und Sicherheit täglicher cTBS bei chronischem Tinnitus an insgesamt 48 Patienten geprüft, der Einfluss der Behandlungsdauer über 4 Wochen untersucht und zwei Stimulationsareale zur Optimierung der Stimulationslokalisation (temporal, temporoparietal) miteinander und einer Scheinstimulation (hinter dem Ansatz des M. Sternocleidomastoideus ohne Einfluss auf die Hirnaktivität) verglichen. Die Tinnitusbelastung wurde vor, nach 2 und nach 4 Wochen Behandlung mittels des 'Tinnitus Fragebogens' (Goebel & Hiller 1984) gemessen. Ergebnisse: Die Behandlung führte zu einer Reduktion des Tinnitus vom Ausgangswert um im Mittel (Standardabweichung) 2.6(8.2) nach Scheinbehandlung, 2.4(8.0) nach temporoparietaler, 2.2(8.3) nach temporaler Stimulation von jeweils 16 Patienten. Es zeigte sich weder ein signifikanter Unterschied zwischen Scheinstimulation und temporaler (Konfidenzintervall [CI] -5.4 to +6.7) oder temporoparietaler cTBS (CI -5.9 to +6.3), noch zwischen temporaler und temporoparietaler cTBS (CI -7 to +5.1). Die Gesamteinschätzung der Patienten in Bezug auf eine Besserung des Tinnitus durch die Behandlung zeigte keine differenziellen Effekte. Die audiometrischen Parameter (Audiogramm und Sprachaudiometrie) blieben durch die Behandlung unverändert. Schlussfolgerung: Eine 4-wöchige Behandlung des Tinnitus durch cTBS des temporalen und temporoparietalen Kortex beider Hirnhemispheren ist sicher aber nicht effektiver als eine Scheinstimulation. Obwohl diese Ergebnisse nicht auf alle Formen der TMS zu generalisieren sind liefert diese Studie Evidenz der Klasse I dass bilaterale cTBS in der Behandlung des chronischen Tinnitus nicht effektiv ist.
Publications
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