Detailseite
Einfluss von seismischen Datenmessfehlern und tomografischen Modellunsicherheiten auf geodynamische Inversionen der Entwicklung des Erdmantels
Antragsteller
Dr. Bernhard Schuberth
Fachliche Zuordnung
Physik des Erdkörpers
Förderung
Förderung seit 2021
Projektkennung
Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 456788150
Die Verbesserung des Auflösungsvermögens von Tomografiebildern war lange eines der Hauptziele in der Seismologie. Dabei wurden, basierend auf methodischen Neuerungen und verbesserter Datenabdeckung, große Fortschritte erzielt. Heutzutage verlagert sich der Fokus auf die zusätzliche Bereitstellung formaler Methoden zur Quantifizierung des Auflösungsvermögens und der Modellunsicherheiten, die für die Verknüpfung mit geodynamischen Simulationen von maßgeblicher Bedeutung sind. Geodynamische Inversionen, welche die Entwicklung des Erdmantels rückwärts in der Zeit nachbilden, erfordern tomografische Bilder als Schätzungen seines gegenwärtigen Zustands. Diese „Retrodiktionen“ würden stark von der Kenntnis der zugehörigen Fehlerbalken profitieren, da dadurch eine größere Zahl an Simulationen anstelle einer einzelnen Modellrealisierung und somit robustere Schlussfolgerungen möglich wären. Hier hat die SOLA-Backus–Gilbert-Tomografiemethode kürzlich Beachtung gefunden, da sie sowohl Auflösungsvermögen als auch Modellunsicherheiten quantifiziert und auf globalem Maßstab anwendbar ist. Die „verallgemeinerte Inverse“ kann in dieser Methode explizit und effizient berechnet werden und erlaubt es, Datenunsicherheiten direkt in den Modellraum zu projizieren. Bisher ist aber unklar, wie sich die tomografischen Modellunsicherheiten in geodynamische Inversionen einbeziehen lassen, vor dem Hintergrund, dass nur eine begrenzte Zahl an Retrodiktionen möglich ist.Wir werden diese und weitere Fragen anhand eines theoretischen, „closed-loop“ Retrodiktionsexperiments beantworten. Für ein vorwärtsgerechnetes, als bekannte „wahre“ Mantelstruktur angesehenes Konvektionsmodell berechnen wir synthetische seismische Daten, die mithilfe der verallgemeinerten Inversen einer aktuellen SOLA-Tomografie zurück in den (tomografischen) Modellraum projiziert werden. Dies wird etliche Male wiederholt, wobei den seismischen Daten unterschiedliche Realisierungen möglicher Datenfehler hinzugefügt werden. Das so „tomografisch gefilterte“ Modell und die dazugehörige Kovarianz dienen als Ausgangspunkt für ein Ensemble geodynamischer Retrodiktionen. Zum Schluss werden die Unterschiede zwischen der rekonstruierten und der „wahren“ Entwicklung des Mantel quantifiziert, so dass aus der Gesamheit aller Realisierungen die Präzision und Genauigkeit von Retrodiktionen zurück in der Zeit verfolgt werden können. Die Quantifizierung der Unsicherheiten von den seismischen Daten bis hin zu geologisch bewertbaren Vorhersagen wird wichtige Erkenntnisse über die Fortpflanzung und zeitliche Entwicklung von Fehlern in Retrodiktionen liefern. Dies ist entscheidend, um belastbare Schlussfolgerungen über die Angemessenheit der Modellparameter zu ziehen. Daher wird unser Projekt die Art beeinflussen, wie geodynamische Simulationen in Zukunft durchgeführt und datengetriebene Erdmodelle erzeugt werden, die wichtige quantitative Informationen für andere geowissenschaftliche Disziplinen bereitstellen.
DFG-Verfahren
Sachbeihilfen
Internationaler Bezug
Frankreich
Mitverantwortlich
Professor Hans-Peter Bunge, Ph.D.
Kooperationspartner
Dr. Christophe Zaroli