Errors in autobiographical memory and their effects in time-to-event analysis
Zusammenfassung der Projektergebnisse
Eines der am häufigsten angewendeten Datenanalyseverfahren für Ereignisdaten sind Hazard-Modelle, wobei die meisten Anwendungen in den Sozialwissenschaften und in der Epidemiologie auf Surveydaten basieren. Ereignisdaten in Surveys sind üblicherweise retrospektiv erhoben und dadurch mit Messfehlern, bedingt durch mangelnde Erinnerung, behaftet. In der praktischen Forschung werden solche Messfehler häufig ignoriert. In diesem Projekt wurden Art und Ausmaß der Messfehler bei retrospektiv erhobenen Datierungen in einem sozialwissenschaftlichen und epidemiologischen Survey untersucht. Außerdem wurde der Effekt der Erinnerungsfehler auf die Parameterschätzung im Hazard-Modell analysiert und Korrekturverfahren für den beobachteten Fehler getestet. Für die sozialwissenschaftliche Anwendung konnte in Zusammenarbeit mit dem Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung, Nürnberg, auf Daten des Panels für Arbeitslosigkeit und soziale Sicherung (PASS) zurückgegriffen werden. Hier wurden Gründe für die Beendigung von Arbeitslosengeld 2 (ALG2)-Bezug mit Ereigniszeitmodellen analysiert. Für die epidemiologische Anwendung wurde ein Gesundheitssurvey unter Versicherten einer gesetzlichen Krankenversicherung durchgeführt. Hier lag der Fokus auf dem Einfluss des Anfikoagulans Phenprocoumon auf die Dauer bis zu einer Krankenhauseinweisung auf Grund einer schweren Blutung. In beiden Anwendungen wurden die Befragungsdaten mit den Registerdaten verglichen, Abweichungen in den Befragungsdaten wurden als Erinnerungsfehler interpretiert. Es konnten typische Erinnerungsfehler wie Forward/Backward Telescoping, Omission und Joining von Ereignissen festgestellt werden. Prägnante Ereignisse wie eine Behandlung mit Phenprocoumon oder das Ende des ALG2-Bezugs wurden mit wenig Messfehlern berichtet. Die fehlerbehaften Daten führten in beiden Anwendungen zu verzerrten Parameterschätzungen in den Ereigniszeitanalysen. Die Richtung und Stärke des Bias variierte zwischen den Kovariablen. Der fehlerbehaftete Ereignisstatus war für ein Großteil der Verzerrung verantwortlich, während die fehlerbehaftete Ereigniszeit zu wenig Bias in den Parameterschätzungen führte. In der epidemiologischen Anwendung wurden zur Korrektur von Fehlern in den Kovariablen SIMEX und Regression Calibration eingesetzt. Es stellte sich heraus, dass die Güte der Korrekturverfahren wesentlich von dem zugrunde liegenden Fehlermodell abhängt. Die Standardverfahren lieferten keine gute Korrektur der Verzerrungen, da ein heteroskedastisches Fehlermodell in den Daten vorlag. Sowohl für SIMEX als auch für Regression Calibration konnten Erweiterungen entwickelt werden, die das vorliegende Fehlermodell explizit berücksichtigten. Die Erweiterung von Regression Calibration ergab gute Korrekturen, die durch die Standardverfahren nicht erreicht wurden. Die Erweiterung von SIMEX konnte die Parameterschätzungen nicht korrigieren. Das liegt möglichenweise daran, dass SIMEX empfindlicher gegenüber Misspezifikation des Fehlermodells ist als Regression Calibration.