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Projekt
Verrückte Rationalitäten: Medientechniken und Protestbewegungen, 1967–1991
Antragsteller
Professor Dr. Volker Hess
Fachliche Zuordnung
Wissenschaftsgeschichte
Förderung
Förderung seit 2021
Projektkennung
Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 419057548
Das Forschungsvorhaben nimmt die neuen sozialen Bewegungen in den Jahren zwischen gesellschaftlichem Aufbruch (1967/68) und der zu Ende gehenden Nachkriegszeit (1989/91) in der Bundesrepublik in den Blick. Auf drei Feldern (Psychiatriekritik, Frauenbewegung, New Age) soll untersucht werden, wie sich der (im weitesten Sinne) therapeutische Anspruch mit der Herausbildung anderer Rationalitäten gründete, welche nicht nur als sozial- und gesellschaftshistorische Phänomene auftraten, sondern als gelebte Form neuer Medientechniken. Die Forderung nach authentischer Selbstermächtigung, selbstbestimmter Subjektivität und spiritueller Selbstverwirklichung war ebenso handlungsleitend wie identitätsbildend. Diese auf das Selbst bezogenen Techniken bildeten wichtige Elemente des in den 1970er Jahren aufkommenden "Psychobooms": Antipsychiatrie verstand sich als dezidierte Abwendung von der damaligen Psychiatrie, radikaler Feminismus als Abkehr von den patriarchal-restriktiven Strukturen und die neue Spiritualität der New-Age-Bewegung als Gegenentwurf einer in überkommenen Ritualen erstarrten restaurativen Gesellschaft. Psyche, Selbst und Geschlecht bilden die drei Achsen unseres Forschungsvorhabens, das mit dem Moment der Ver-rückung die Vervielfältigung und Zersplitterung von Wirklichkeit freilegen möchte, um diesen Prozess als Dezentrierung der zeitgenössischen Rationalität bei gleichzeitiger Privilegierung der subjektiven Vernunft untersuchen zu können. Untersucht werden sollen die materialen Grundlagen dieser „Selbst“-Bewegungen: Wie ermöglichten Medientechniken und Kommunikationsmittel gelebte Authentizität und imaginierte Gemeinschaft? Mit welchen Mitteln (Flugblättern, Untergrund-Zeitschriften, Raubdrucken und neuen AV-Medien) kam das Selbst zu sich, und wie wurden diese Medien verfügbar, eingesetzt und distribuiert? Ziel des Vorhabens ist es, die materialen Ermöglichungsbedingungen einer ver-rückten Rationalität zu rekonstruieren. Das Teilprojekt bringt damit zwei argumentative Bausteine in die FOR ein: (1) Materiale Geschichte von Antipsychiatrie, Frauenbewegung & Esoterik/New Age. (2) Pluralisierung von Wahrheit und Wirklichkeit durch medientechnische Vervielfältigungstechniken.
DFG-Verfahren
Forschungsgruppen
