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Chemische Ökologie von Actinomyceten - Koordination und Induktion des Sekundärmetabolismus

Fachliche Zuordnung Biologische und Biomimetische Chemie
Förderung Förderung von 2007 bis 2015
Projektkennung Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 45462404
 
Erstellungsjahr 2015

Zusammenfassung der Projektergebnisse

Das Ziel meines Emmy Noether Projektes war es, die Bedeutung von Sekundärmetaboliten in biologischen Systemen sowie ihre Bildung als Reaktion auf Umweltreize zu studieren. Actinomyceten wurden bisher zumeist wegen ihrer pharmakologisch interessanten Sekundärmetaboliten in Reinkulturen untersucht. Der Einfluss des ökologischen Kontextes auf den Sekundärmetabolismus von Actinomyceten sowie die Funktion von Sekundärmetaboliten für die Produzenten waren weitgehend unerforscht. Als Untersuchungsobjekte studierte ich den Einfluss von Übergangsmetallionen auf Streptomyces coelicolor, mikrobielle Interaktionen von Actinomyceten und die mikrobiellen Symbionten von Blattschneiderameisen. Neben Beiträgen zum Verständnis der Chemischen Ökologie komplexer biologischer Systeme identifizierten wir neue Sekundärmetabolite, die unter üblichen Kultivierungsbedingungen nicht beobachtet werden. Reaktion auf Schwermetallionen: Streptomyces coelicolor A2(3) reagiert auf die Zugabe von Übergangsmetallionen, insbesondere Kobaltionen mit drastischen Veränderungen. S. coelicolor zeigt ein mikrodiverses Wachstum, d. h. auf einer Agarplatte entstehen in Gegenwart von 0.7 mM Kobaltionen viele unterschiedlich pigmentierte Phänotypen. Ein roter Phänotyp produziert als Reaktion auf Kobaltionenstress große Mengen an Prodigiosinen, Undecylprodigiosin und Streptorubin B und die Coeligiosine, bisher unbekannte Prodigiosinderivate. Die beobachtete Bildung neuer Sekundärmetaboliten durch Induktion des bekannten Prodigiosinbiosyntheseweges ist ein schönes Beispiel dafür, dass nicht nur die Aktivierung sog. schlafender Gencluster zu metabolischer Vielfalt führen kann. Die stark gefärbten Prodigiosine und Coeligiosine können als Radikalfänger dienen und damit die Zellen gegen oxidativen Stress, induziert durch Schwermetallionen, schützen. Um die molekulare Ursache der drastischen Unterschiede im Metabolismus zwischen dem roten Phänotyp und dem Wildtyp aufzuklären, wurde der rote Phänotyp resequenziert. Zahlreiche Mutationen wurden gefunden, eine betrifft ein clp Gen. Diese Gene sind wichtige Stoffwechselregulatoren. Weitere Versuche sind notwendig, um die genetischen oder epigenetischen Ursachen für die Ausbildung des roten Phänotyps zu verstehen. Mikrobielle Interaktionen: In Kokultivationsversuchen von Actinomyceten mit unterschiedlichen Mikroorganismen konnten wir für viele der Kombinationen keine Effekte auf den Sekundärmetabolismus oder drastische morphologische Veränderungen feststellen. Bei der Kokultur von Streptomyces vialoceoruber mit Streptomyces aburaviensis allerdings beobachteten wir, dass S. aburaviensis die Bildung von Tröpfchen auf dem Mycel von S. vialoceoruber stark induziert. Eine Analyse der Zusammensetzung der Tröpfchen zeigte, dass sie viel Mannitol aus dem Kulturmedium enthalten und daher als Energiespeicher dienen könnten. Außerdem stellten wir fest, dass die Tröpfchen der Kokultur einen Sekundärmetaboliten enthalten, der nicht bei Tröpfchen der Reinkultur zu finden ist. Diese Verbindung soll nun identifiziert werden. Daneben interessieren uns besonders mögliche Signalstoffe von S. aburaviensis, die die starke Tröpfchenbildung bei S. vialoceoruber hervorrufen. Mikrobielle Symbiosen: Der Futterpilz von Blattschneiderameisen wird durch pathogene Pilze, wie Escovopsis weberi, bedroht. Bei der Verteidigung ihrer Nahrungsquelle unterstützen symbiotische Actinomyceten, die in Biofilmen auf den Blattschneiderameisen wachsen, die Blattschneiderameisen durch die Produktion antifungaler Substanzen. Mit den Candicidinmakroliden konnten wir eine erste antifungale Substanz von mikrobiellen Symbionten der Acromyrmex Blattschneiderameisen identifizieren. Candicidinproduzierende Streptomyceten sind bei Acromyrmex weitverbreitet. Wir konnten zeigen, dass für Acromyrmex Ameisen neben den intensiv untersuchten Pseudonocardia Streptomyceten eine wichtige Rolle beim Schutz vor Infektionen spielen. Durch die Kombination von phylogenetischer Analyse mit Datenbankrecherche und LC-MS konnten wir außerdem, Actinomycine, Valinomycin und Antimycine als Antibiotika von Streptomyceten der Blattschneiderameisen identifizieren. Es gelang uns Valinomycin und Actinomycine direkt im Abfall der Blattschneiderameisen und Valinomycin sogar auch auf ihrer Kutikula durch MS-Imaging nachzuweisen, was ihre ökologische Bedeutung als Antibiotika für die Blattschneiderameisen unterstreicht. Das Ökosystem der Blattschneiderameisen ist wesentlich komplexer als bisher angenommen. Eine Vielzahl von Sekundärmetaboliten vieler mikrobieller Symbionten dient nicht nur dem Schutz vor Pathogenen der Blattschneiderameisen, sondern wohl auch den Produzenten, um gegen andere Organismen konkurrieren zu können. Gegenwärtig studieren wir, wie die Symbionten von den Blattschneiderameisen akquiriert werden. Außerdem versuchen wir einige sehr stark antibiotisch und antifungal wirkende Verbindungen von Blattscheiderameisensymbionten aufzuklären. Die Bedeutung von mikrobiellen Symbionten zeigten auch unsere Experimente mit epiphytischen Bakterien, die ihre Wirtspflanze gegen Pflanzenpathogene verteidigen. Damit eignen sich diese Organismen zur Biokontrolle. Ein Pseudomonade bzw. ein Pantoea agglomerans produzieren 3-Methylarginin bzw. 2- Amino-3-(oxiran-2,3-dicarboxamido)-propanoyl-valin als stark wirksame Toxine gegen die Erreger des Bakterienbrandes der Sojabohne bzw. des Feuerbrandes. In beiden Fällen waren die nicht mehr Toxinproduzierenden Mutanten auch noch in der Lage Pflanzenpathogene zu hemmen, was für die bemerkenswert vielfältigen Wirkmechanismen dieser Bakterien spricht.

Projektbezogene Publikationen (Auswahl)

  • 3-Methylarginine from Pseudomonas syringae pv. syringae 22d/93 suppresses the bacterial blight caused by its close relative Pseudomonas syringae pv. glycinea. ChemBioChem 2008, 9, 1913-1920
    S. B. Braun, B. Völksch, J. Nüske, D. Spiteller
  • 2-Amino-3-(oxirane-2,3-dicarboxamido)-propanoyl-valine, an effective peptide antibiotic from the epiphyte Pantoea agglomerans 48b/90, Appl. Environ. Microbiol. 2009, 75, 7710-7717
    U. A. Sammer, B. Völksch, U. Möllmann, M. Schmidtke, P. Spiteller, M. Spiteller, D. Spiteller
  • Candicidin-producing Streptomyces support leaf-cutting ants to protect their fungus garden against the pathogenic fungus Escovopsis. Proc. Natl. Acad. Sci. U.S.A. 2009, 106, 4742-4746
    S. Haeder, R. Wirth, H. Herz, D. Spiteller
  • How do fungus growing ants protect their fungus garden against infections? Wie schützen pilz-züchtende Ameisen ihren Pilzgarten vor Infektionen? Biospektrum 2010, 2, 161-163
    D. Spiteller
  • Identification of the biosynthetic gene cluster of 3-methylarginine, a toxin produced by Pseudomonas syringae pv. syringae 22d/93, Appl. Environ. Microbiol. 2010, 76, 2500-2508
    S. D. Braun, J. Hofmann, A. Wensing, M. S. Ullrich, H. Weingart, B. Völksch, D. Spiteller
  • Chemical basis of the synergism and antagonism in microbial communities in the nests of leaf cutting ants, Proc. Natl. Acad. Sci. U.S.A. 2011, 108, 1955-1960
    I. Schoenian, M. Spiteller, M., Ghaste, R. Wirth, H. Herz, D. Spiteller
  • An unprecedented 1,2-shift in the biosynthesis of the 3-aminosalicylate moiety of antimycins, ChemBioChem 2012, 13, 769-773
    I. Schoenian, C. Paetz, J. S. Dickschat, B. Aigle, P. Leblond, D. Spiteller
    (Siehe online unter https://doi.org/10.1002/cbic.201200033)
  • Volatile Lactones from Streptomycetes arise via the Antimycin Biosynthetic Pathway, ChemBioChem 2012, 13, 1635-1644
    R. Riclea, B. Aigle, P. Leblond, I. Schoenian, D. Spiteller, J. S. Dickschat
    (Siehe online unter https://doi.org/10.1002/cbic.201200260)
  • Ralfuranone thioether production by the plant pathogen Ralstonia solanacearum, ChemBioChem 2013, 14, 2169-2178
    J. Pauly, D. Spiteller, J. Linz, J. M. Jacobs, C. Allen, M. Nett, D. Hoffmeister
    (Siehe online unter https://doi.org/10.1002/cbic.201300364)
  • Genome mining of Streptomyces ambofaciens, J. Ind. Microbiol. Biotechnol. 2014, 41, 251-263
    B. Aigle, S. Lautru, D. Spiteller, J. S. Dickschat, G. L. Challis, P. Leblond, J. L. Pernodet
    (Siehe online unter https://doi.org/10.1007/s10295-013-1379-y)
 
 

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