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Molekulare Defekte bei multiplen morphologischen Anomalien der Spermienflagelle (MMAF)
Antragstellerin
Dr. Johanna Raidt
Fachliche Zuordnung
Reproduktionsmedizin, Urologie
Förderung
Förderung seit 2020
Projektkennung
Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 329621271
Die schwerste Form der morphologischen Defekte der Spermienflagellen wird heute als multiple morphologische Anomalien der Spermienflagelle (MMAF) bezeichnet. Sie umfasst fehlende, kurze, gebogene, aufgerollte oder abnormal weite Flagellen. Dies führt zu einer reduzierten Spermienmotilität (Asthenozoospermie). MMAF ist heterogen mit aktuell rasch zunehmender Identifikation zugrunde liegende Gendefekte. Im Gegensatz dazu ist die Kenntnis der molekularen Komposition und Funktion der meisten MMAF Komponenten begrenzt. Die Primäre Ciliäre Dyskinesie (PCD) ist ebenfalls eine heterogene Erkrankung, welche durch Defekte diverser axonemaler Proteine entsteht. Da Spermienflagellen und motilen Zilien eine ähnliche, evolutionär konservierte Struktur aufweisen, ist die PCD eng mit männlicher Infertilität verknüpft. Weitere PCD-Symptome sind wiederkehrende Atemwegsinfekte bedingt durch eine dysfunktionale mukoziliäre Reinigung. Im Rahmen der multidisziplinären Fallkonferenz der CRU326 identifizierten wir einige Männer mit MMAF. Zwei davon zeigten homozygote DNAH1-Mutationen, welche eine häufige Ursache von MMAF darstellen, ohne eine Beteiligung der Atemwege. Neben dem Fehlen von DNAH1 sowohl in den Spermien als auch in den respiratorischen Zilien konnten wir einen leicht abnormalen Zilienschlag nachweisen. Eine aktuelle Studie unserer Arbeitsgruppe zeigt, dass Mutationen in dem Gen SPEF2 neben MMAF einen schweren respiratorischen Phänotyp verursachen können. Ein weiterer Mann mit MMAF bedingt durch eine homozygote CFAP43-Mutation, zeigte keine Atemwegssymptomatik. Interessanterweise konnten wir bei einem 3jährigen Mädchen mit deutlicher PCD-Symptomatik ebenfalls eine homozygote CFAP43-Mutation nachweisen. Darüber hinaus diagnostizierten wir einen MMAF-ähnlichen Phänotyp in einem PCD-Patienten mit Mutationen in CCDC39.Unsere Ergebnisse zeigen deutlich, dass einige MMAF-Varianten weitere, bedeutende Krankheitsmanifestationen aufweisen. Im Rahmen dieses Antrags werden wir Männer mit MMAF rekrutieren, um eine detaillierte pneumologische und genetische Untersuchung durchzuführen. Da der Fertilitätsstatus vieler PCD-Varianten bisher nicht geklärt ist, werden wir auch Männer mit PCD rekrutieren und andrologisch untersuchen. In allen Männern mit MMAF und PCD führen wir eine molekulare Charakterisierung der Spermienflagellen und respiratorischen Zilien durch, um das molekulare Verständnis von Komposition und Funktion verschiedener axonemaler Komponenten zu erweitern und die Diagnostik und Patientenversorgung bei Infertilität durch MMAF zu verbessern.
DFG-Verfahren
Klinische Forschungsgruppen
Teilprojekt zu
KFO 326:
Male Germ Cells: from Genes to Function