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Mechanismen des menschlichen Gehirns zur Bildung von assoziativen Gedächtnissen während räumlicher Navigation
Antragsteller
Professor Dr. Lukas Kunz
Fachliche Zuordnung
Kognitive und systemische Humanneurowissenschaften
Förderung
Förderung von 2020 bis 2023
Projektkennung
Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 447634521
Gedächtnis und räumliche Navigation sind essenzielle kognitive Fähigkeiten von Menschen und Tieren. In unserem Alltag sind wir häufig darauf angewiesen, uns sicher in unserer Umgebung zurechtzufinden und Objekte oder Ereignisse mit ihrem jeweiligen räumlichen Kontext zu verknüpfen. Wenn wir beispielsweise eine uns unbekannte Stadt explorieren, sind wir in der Lage, uns Orte von wichtigen Gebäuden schnell einzuprägen. Woher kommt diese Fähigkeit, assoziative Gedächtnisse zwischen Objekten oder Ereignissen und ihren zugehörigen Orten zu bilden?Das vorliegende Projekt sucht diese Frage mittels elektrophysiologischer Messungen aus dem menschlichen Gehirn zu beantworten, die an der wissenschaftlichen Schnittstelle zwischen elektrophysiologischen Tierstudien und nicht-invasiven Bildgebungsstudien im Menschen liegen. Solche Messungen sind bei neurochirurgischen Epilepsiepatienten möglich, die zu diagnostischen Zwecken mit intrakraniellen Elektroden implantiert sind. Während der Implantationszeit werden die Patienten gebeten, an Computer-basierten Paradigmen teilzunehmen, die die Bildung von assoziativen Gedächtnissen zwischen Orten und Objekten in einer virtuellen Umgebung induzieren. Gleichzeitig werden über die intrakraniellen Elektroden lokale Feldpotenziale und Einzelzellaktivität aus dem Hippokampus und benachbarten Hirnarealen aufgezeichnet, die bereits in früheren Studien mit Gedächtnisprozessen und räumlicher Navigation in Verbindung gebracht wurden. Die genauen Hirnmechanismen der assoziativen Gedächtnisbildung sind jedoch bislang unbekannt.Während des Projekts werde ich zunächst Nervenzellen im Hippokampus und benachbarten Hirnarealen identifizieren, die Informationen über Objekte oder Orte innerhalb der virtuellen Umgebung kodieren. Nachfolgend werde ich die Reaktivierung dieser Nervenzellen im Hinblick auf die Hypothese untersuchen, dass Objekt-responsive und Orts-modulierte Nervenzellen während des Netzwerkphänomens sogenannter Sharp Wave-Ripples (SPW-Rs) simultan reaktivieren. SPW-Rs gehen mit einer erhöhten Erregbarkeit des Hippokampus einher und führen zu einer stärkeren Synchronisierung zwischen Hippokampus und verbundenen Hirnregionen. Die Reaktivierung von Objekt-responsiven und Orts-modulierten Nervenzellen während SPW-Rs könnte dementsprechend zu neuronalen Schaltkreisen führen, die das gesamte assoziative Gedächtnis beinhalten. Darüber hinaus könnte die Reaktivierung während SPW-Rs zu einem Transfer des Gedächtnisses zum Neokortex beitragen.Das Forschungsprojekt wird einzigartige Einblicke in die Mechanismen des menschlichen Gehirns geben, die der Bildung von assoziativen Gedächtnissen zugrunde liegen. Die daraus folgenden Erkenntnisse werden hinsichtlich unseres Grundlagenwissens von Gedächtnisprozessen wichtig sein und zudem die Generierung von Hypothesen ermöglichen, wie assoziative Gedächtnisdefizite in verschiedenen neurologischen und psychiatrischen Erkrankungen (z.B. der Alzheimer-Erkrankung) entstehen.
DFG-Verfahren
WBP Stipendium
Internationaler Bezug
USA
Gastgeber
Professor Joshua Jacobs, Ph.D.