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Untersuchung der Wechselwirkungen zwischen der disziplinübergreifenden Religionsforschung und der religiösen Praxis zwischen 1945 und 1989.

Fachliche Zuordnung Religionswissenschaft und Judaistik
Förderung Förderung von 2007 bis 2010
Projektkennung Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 44583210
 
Erstellungsjahr 2009

Zusammenfassung der Projektergebnisse

Das Projekt konnte zeigen, dass sich das Spannungsfeld der Religionsforschung von 1945-1989 nicht schematisch an Hand von „historischen und gegenwärtigen Zivilisationsgewinnen und -Verlusten für die Religionen" beschreiben oder bestimmen lässt. Vielmehr verdeutlichten die einzelnen Forschungsschritte, die in zeitdiagnostischer Perspektive und vor dem Hintergrund der Erinnerungskultur vorgenommen wurden, dass der 2. Weltkrieg insgesamt einen „Zivilisationsbruch" eingeleitet hat, der fortbesteht. Nach dem Völkermord an den Juden und dem Abwurf der Atombomben auf Hiroshima und Nagasaki veränderte sich das Verhältnis von Wissenschaft und Religion von Grund auf. In Folge von blutigen nationalen und kolonialen Kriegen entstand eine Weltgesellschaft, die sich in einer permanenten Krise befindet. Der Kalte Krieg, der die Welt in Lager spaltete und einen Prozess des Wettrüstens einleitete, war Jahrzehnte lang Ausdruck dieser Krise, die nach 1989 ungeahnte neue Qualitäten annahm. Nach dem zweiten Weltkrieg wurden Fragen nach dem Verhältnis von Wissenschaft und Religion akut, die sich nicht mehr innerhalb eines Paradigmenstreits oder -wandels in den Geisteswissenschaften verhandeln ließen. Religionsforschung sah sich mit dem „Zerbrechen der zivilisatorischen Balance" konfrontiert, wie sie der Religionsphilosoph Klaus Heinrich diagnostizierte. Ein kritischer Rekurs auf die Religionsforschung, die zugleich in materialer und zeitkritischer Weise verfährt, kann deutlich werden lassen, welche Ansätze für eine solche Zivilisations analyse bereits vorliegen, wie sie angelegt sind und welche Absichten sie verfolgen. Umgekehrt wird aber auch sichtbar, dass Religionswissenschaftler, die in ihren Paradigmen (seien diese nun funktional, phänomenologisch oder strukturalistisch ausgerichtet) befangen sind und sich einem reinen Paradigmenwettbewerb aussetzen, die Bedeutung der Religionen verfehlen. Viele dieser Wissenschaftler bedienen sich einseitig der Religionen und bestimmter religiöser Aspekte, aus denen sie Akteure oder Träger einer Krise der Moderne stilisieren. Wissenschaftsgeschichtlich besteht die zentrale Aufgabe der Religionsforschung darin, die Funktion der Religionen als Instrument der Aufklärung neu zu klären. Setzt man diese Aufgabe voraus, besteht ein zivilisatorischer „Gewinn" der Religionswissenschaft nach 1945 dort, wo sie fähig gewesen ist, ein solches Instrument auszubilden. „Verluste" sind überall dort zu verzeichnen, wo Religionsforschung in provinzieller Weise die Krise der Zivilisation „gläubig" verklärte, ausblendete oder instrumentalisierte. Eine realistische Religionswissenschaft, die das Aufklärungspotential der Religionen in kritischer und zivilisationsanalytischer Weise aufnehmen könnte, stünde vor spannenden Aufgaben.

Projektbezogene Publikationen (Auswahl)

  • Deutschbewusstes Judentum und jüdischbewusstes Deutschtum. Der Historische und Politische Theologe Hans-Joachim Schoeps. Würzburg, Königshausen & Neumann 2008
    Richard Faber
  • Erfahrung und Selbstzerstörung. Klaus Heinrichs faszinationsgeschichtliche Analysen der Zivilisation, in: Mittelweg 36, Zeitschrift des Hamburger Instituts für Sozialforschung, Nr.3 (Juni/Juli/) 2008, Beilage Literatur: Seite 71-82
    Manfred Bauschulte
 
 

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