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Predigt als Vorgang religiöser Bildung im spätantiken Christentum

Fachliche Zuordnung Evangelische Theologie
Förderung Förderung von 2020 bis 2024
Projektkennung Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 441781853
 
Predigten waren im spätantiken Christentum (und darüber hinaus) das meistverbreitete Mittel der Kommunikation über Glauben und Leben und damit die zentrale Institution der Vermittlung christlicher Bildung. Religiöse Rede war konstitutiv für die Herausbildung und Stabilisierung christlicher Identität und Praxis. Gepredigt wurde in regulären Gottesdiensten und an Festtagen sowie bei der katechetischen Unterweisung. Prediger machten sich dabei die antike Rhetorik zu Nutze. Ob sich aber christlicher Glaube in solch „kunstfertigen“ Weise vermitteln lässt, war umstritten. Wie kann man vom Glauben reden, wer darf das tun, und wie kann religiöse Kommunikation praktisch gestaltet und theoretisch reflektiert werden?Das beantragte Projekt untersucht spätantike Predigten anhand konkreter Sprechakte (auf der Mikroebene einzelner Redeelemente und auf der Makroebene gestalteter Reden) und setzt diese performative Praxis zu Rhetoriktheorien klassischer und christlicher Provenienz ins Verhältnis. Ebenso geht es um die Inhalte – die christlichen Bildungsgüter –, die vermittelt werden sollten, und schließlich um die Reflexion der Möglichkeiten und Grenzen dieses Bildungsprozesses. Gefragt wird, inwieweit in spätantiken christlichen Predigtena) Bildung in Anspruch genommen, d.h. rhetorisch gestaltet wurde (formaler Aspekt),b) im Vollzug zugleich Bildung vermittelt wurde (materialer Aspekt) undc) dieser Vorgang im Blick auf Form, Inhalt und Akteure reflektiert wurde (didaktischer Aspekt).Als Untersuchungsgegenstand dienen mit Italien und Gallien zwei kulturelle Räume, die in der Spätantike Schauplatz gesellschaftlicher, politischer und religiöser Transformationen waren und an denen die Überblendung verschiedener Bildungskonstellationen paradigmatisch rekonstruiert werden kann. Jeweils ein/e Promovierende/r wird die Predigten der Bischöfe Petrus Chrysologus in Ravenna († 458) und Caesarius von Arles († 542) bearbeiten. Zum exemplarischen Vergleich werden weitere Prediger jener Zeit einbezogen, so etwa Zeno von Verona († nach 370) oder Maximus von Turin († vor 423). Augustins († 430) Werk De doctrina christiana, das ein Handbuch spätantiker christlicher Predigt darstellt, wird in der Metaperspektive analysiert: Normiert oder reflektiert es Praxis? Das Projekt wird in dieser Weise die Ziele und Modi der Vermittlung von christlicher Bildung in der Spätantike – die einst H.-I. Marrou prägnant, aber unzutreffend als „Verfallszeit“ bezeichnete – anhand von Tiefenbohrungen erschließen und daraus weiterführende Impulse für die Erforschung von Bildung als Mittel der Stabilisierung und Dynamisierung christlicher Identität in einer Übergangszeit generieren.
DFG-Verfahren Sachbeihilfen
 
 

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