Modellbasierte Bewertung der logistischen Wirkung von Prioritätsregeln in der Reihenfolgeplanung
Zusammenfassung der Projektergebnisse
Im Rahmen des Forschungsvorhabens wurde die Wirkung der Prioritätsregeln KOZ (Kürzeste Operationszeit), LOZ (Längste Operationszeit) und Schlupfzeit auf die logistische Zielgröße mittlere Durchlaufzeit in einem deduktiv-experimentellen Ansatz untersucht. Der Gegenstandsbereich der Untersuchung bildete ein Arbeitssystem mit Puffer. Die Wahl des Gegenstandsbereiches und die Auswahl der untersuchten Reihenfolgeregeln richteten sich dabei nach der Häufigkeit der Diskussion in Wissenschaft und Praxis. Die Wahl der zu beschreibenden logistischen Zielgröße fiel auf die Durchlaufzeit aufgrund ihrer zentralen Bedeutung auch für andere Iogistische Zielgrößen, wie etwa die Termintreue. Ausgangspunkt bildete ein deduktiver Modellansatz, der einzelne aus der Problemstellung und der Zielsetzung abgeleitete Zusammenhänge gedanklich isolierte. Abhängigkeiten zwischen Input- und Outputgrößen wurden über die Bildung von Szenarien rein aus elementaren Gesetzmäßigkeiten abgeleitet. Auf diese Weise wurde ein prinzipiell linearer Veriauf der Durchlaufzeitkennlinien für die Prioritätsregeln KOZ und LOZ sowie eine Möglichkeit der mathematischen Modellierung ermittelt. Gleichzeitig wurden der mittlere Bestand sowie die Verteilung der Auftragszeiten als wesentliche Einflussparameter einer Modellierung des Einflusses der Reihenfolgeregeln aufdie mittlere Durchlaufzeit identifiziert. Im Rahmen der experimentellen Modellbildung wurden Simulationsexperimente mit einem speziell am IFA entwickelten Tool durchgeführt. Das sogenannte Single System Simulation (SSS) basiert auf Microsoft Excel und wurde in der Logik des Trichtermodells entwickelt, um eine Produktionseinheit in den wesentlichen Kenngrößen modellieren zu können. Es war demzufolge in einem Höchstmaß geeignet, auch die Einflüsse von Prioritätsregeln auf Iogistische Zielgrößen in der Modellwelt der Kennlinientheorie nach Nyhuis zu analysieren, da diese auf dem Trichtermodell aufbaut. Die Vergleichbarkeit der Simulationsergebnisse wurde durch die Wahl der geeigneten Initialisierungsparameter gewährleistet. Eine hier essentielle Größe bildet etwa der identische Ideale Mindestbestand Blmin. Die Auswertung der Simulationsergebnisse erfolgte mit dem ebenfalls auf Microsoft Excel basierenden Softwarewerkzeug ProCon, das auf Basis der in den Simulationen gewonnenen Rückmeldedaten u.a. Histogramme der Auftragszelten und Durchlaufzeiten sowie Durchlaufdiagramme und Produktionskennlinien berechnet, welche dem Nutzer in grafischer Form unter Angabe logisfischer Kennzahlen zurVerfügung gestellt werden. Die Auswertung von zahlreichen Simulationsexperimenten führte zu der Erkenntnis, dass die Wirkung der Prioritätsregeln KOZ und LOZ auf die mittlere Durchlaufzeit nicht zu einem linearen Verlauf dieser führt. Mit Hilfe einer Interpolation mit kubischen Splines wurden die Kurvenverläufe parametrisiert. Der Vergleich unterschiedlicher Simulationsversuche ergab jedoch Abweichungen von teilweise über 100%, weshalb unterstellt werden kann, dass die Wirkung der genannten Reihenfolgeregeln rein zufällig und extrem und eine mathematische Modellierung mit angemessenen Untersuchungszeiträumen und ausreichender Genauigkeit nicht zielführend ist. Um statistische Effekte auszublenden, wurden spezielle Simulationsstudien mit sehr langer Dauer und einer Beschränkung des Untersuchungszeitraumes vorgenommen, In denen gezeigt werden konnte, dass die Durchlaufzeitkennlinien einen linearen Verlauf annehmen und die von Fischer entwickelten Formeln für die Beschreibung des Einflusses der KOZ- und LOZ-Regel gute Ergebnisse liefern. Anhand der Modellvorstellung von Little's Law, dessen Kenngrößen im Gegensatz zu denen des Trichtermodells sowohl von der Auftragszeitstruktur als auch von der Wahl der Prioritätsregel beeinflussbar sind, wurde eine tiefer gehende modelltheorefische Durchdringung des statistischen Verhaltens bei der Abarbeitung von Aufträgen nach KOZ- und LOZ-Regel vorgenommen. Aufgrund der genannten Ergebnisse wird im vorliegenden Forschungsvorhaben nicht der Anspruch erhoben, eine mathematisch genaue Beschreibung des Einflusses von Prioritätsregeln auf die mittlere Durchlaufzeit aufzustellen. Es konnte jedoch eine mathematische Grundgleichung für die mittlere Durchlaufzeit bei Anwendung einer beliebigen Prioritätsregel identifiziert werden. Eine empirische Parametrisierung dieser Gleichung ist möglich. Aus der wissenschaftlichen Durchdringung der Thematik mit Hilfe der Kenngrößen aus Little's Law konnten interessante Erkenntnisse gewonnen werden, die dabei unterstützen, die grundsätzliche Wirkung einer Reihenfolgebildung mit Hilfe von Prioritätsregeln auf die mittlere Durchlaufzeit besser zu verstehen.
Projektbezogene Publikationen (Auswahl)
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Der Einfluss von Prioritätsregeln auf Iogistische Zielgrößen. Productivity Management 14 (2009) 3, 8. 17-20
Nyhuis, P.; Hartmann, W.; Fischer, A.
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Prioritätsregeln und ihr Einfluss aufdie Durchlaufzeit - Ein Ansatz zur allgemeingültigen Modellbildung. ZWF Zeitschrift für wirtschaftlichen Fabrikbetrieb 104 (2009) 12, 8. 1114-1119
Hartmann, W.; Nyhuis, P.
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The Impact of Priority Rules on Logistic Objectives - Modeling with the Logistic Operating Curves. Proceedings of the World Congress on Engineering and Computer Science 2 (2009) WCECS 2009, October 20-22. San Francisco, USA. S. 1119-1124
Hartmann, W.; Fischer, A.; Nyhuis, P.