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Jesus in Geschichte, Erzählung und Idee. Perspektiven der Jesusrezeption in der Bibelwissenschaft der Aufklärung, der Romantik und des Idealismus
Antragsteller
Professor Dr. Eckart David Schmidt
Fachliche Zuordnung
Evangelische Theologie
Förderung
Förderung von 2019 bis 2022
Projektkennung
Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 437265475
Die Habilitationsschrift beschäftigt sich mit Ansätzen der Jesusforschung zwischen ca. 1770 und 1840. Leitendes Forschungsinteresse ist dabei weniger historisch als vielmehr hermeneutisch: Was heißt es/was hieß es, Jesusforschung unter den Bedingungen ihrer jeweiligen Epochen zu leisten? Wie haben Vertreter der jeweiligen Epochen sich die Figur Jesus erschlossen, um daraus für ihre jeweilige Zeit existentiellen Sinn zu gewinnen? Hierfür werden drei der für diesen Zeitabschnitt maßgebliche Kulturfaktoren in den Blick genommen: die Aufklärung, die Romantik und der Idealismus. Methoden und Errungenschaften der Jesusforschung in diesen Epochen werden mit ihren Bezügen zur gleichzeitigen Geschichtstheorie, der Romantheorie, der Philosophie sowie der Realgeschichte abgeglichen.Wichtiger Bestandteil der Arbeit ist die genaue Darstellung und Rezeption der historischen Quellen, insbesondere derer, die bislang in der Sekundärliteratur (teilweise) zwar gelegentlich kurz genannt, aber selten — in manchen Fällen noch nie — in ihren historischen Bezügen, unterschiedlichen Auflagen und Entwicklungen eingesehen und berücksichtigt worden sind. Dies gilt z.6. für J. D. Michaelis' Einleitung in die göftlichen Schriften des Neuen Bundes (vier Auflagen 1750 bis 1788), die Jesusromane von K. Fr. Bahrdt und K. H. G. Venturini, aber auch die Beziehung von H. S. Reimgrus' Apologie zur Hermeneutik, wie er sie in seiner Vernunftlehre von ~ 1756/21758 darstellt, sowie G. W. Fr. Hegels posthume Jesus- Novelle von 1795.Es können so etliche, teils überraschende Konvergenzen der außerexegetischen Kulturfaktoren zur Jesusforschung aufgezeigt werden, die bislang in der Forschung nicht erkannt worden sind: Reimgrus' Apologie etwa fällt in ihrer Abfassung genau mit der Durchsetzung eines grundlegend neuen Geschichtsverständnisses zusammen, ja überhaupt mit der Entstehung des Begriffs „Geschichte° als Kollektivsingular. Die Fortschritte der biblischen Einleitungswissenschaften führen zunächst zum Jesusroman. Die Geschichtsphilosophie des Idealismus ab der Jahrhundertwende wiederum fördert eine Beschäftigung mit Jesus in ihrem welthistorischen Sinn. Selbst H. Chr. Weiße integriert seinen „historischen Jesus", zu dessen Erschließung er seine „Spruchsammlung" entwickelt, in sein spätidealistisch-philosophisches Konzept: Bei ihm wird Jesus zu einer Modellfigur des freien Menschengeistes.Es kann so gezeigt werden, dass die Frage nach dem „historischen Jesus" auch schon im 18. und frühen 19. Jahrhundert etwas wesentlich Komplexeres ist als eine „positivistische" Frage nach der Vergangenheit. Auch in diesen frühen Jahrzehnten ist der „historische Jesus" in seinen unterschiedlichen Ausprägungen Konstrukt von als existentiell relevant empfundenen Aktualisierungsprozessen.
DFG-Verfahren
Publikationsbeihilfen