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Geistige Heilkunde in der Spätantike: Caelius Aurelianus über psychische Krankheiten
Antragstellerin
Privatdozentin Chiara Thumiger, Ph.D.
Fachliche Zuordnung
Alte Geschichte
Geschichte der Philosophie
Wissenschaftsgeschichte
Geschichte der Philosophie
Wissenschaftsgeschichte
Förderung
Förderung seit 2019
Projektkennung
Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 434908800
Der Gesamtrahmen meines Forschungsprojekts zielt auf die Erweiterung unseres Verständnisses der Geschichte der Konzepte, Vorstellungen und Methoden bei der Behandlung von geistiger Gesundheit und geistiger Störung in der Antike. Dieses Ziel soll durch die Erforschung eines zentralen Autors der Spätantike, Caelius Aurelianus, eines im fünften nachchristlichen Jahrhundert lebenden, nordafrikanischen, der Tradition der Methodiker verpflichteten, medizinischen Schriftstellers erreicht werden. Caelius Aurelianus schrieb ein nosologisches Hauptwerk auf Latein, das reichhaltiges Material für eine Geschichte des antiken Denkens über geistige Gesundheit bereithält. Vor allem zeigt sein Werk eine starke Beziehung zu griechischen Quellen und Autoritäten: Obgleich dies das einzige noch existierende Hauptwerk der antiken Medizin auf Latein (neben Celsus´ De Medicina) ist, verweist es deutlich auf die griechische Tradition; zudem lassen die Zweisprachigkeit und die Interkulturalität des spätantiken Lebensumfeldes des Autors diesen Text zu einer zentralen Referenz der Griechisch-Römischen Medizin werden. Diese einzigartige Positionierung von Caelius´ Beitrag hat allerdings auch zu einigen Untertreibungen bei der Bewertung seiner Leistung gegenüber seinen Vorgängern geführt: Lange Zeit wurde Caelius lediglich als Übersetzer des großen Methodikers und Arztes Soranus, dessen nosologisches Hauptwerk verloren ist, gesehen. Dieses Vorurteil hat sich außerhalb des engen Kreises von Spezialisten erhalten. Eine fundierte Analyse seines Textes wiederlegt diese Sichtweise und weist ihn gleichzeitig als originellen Denker aus. Sein Werk zeigt ihn als brillanten Lehrtheoretiker sowie als genauen klinischen Beobachter. Mein Ziel liegt in einer detaillierten Analyse der Entwicklung medizinischer Ideen über geistige Gesundheit im Werk dieses bedeutenden Autors, dessen Leistung bisher keine ausreichende Würdigung erfahren hat. Einerseits werde ich die von ihm beschriebenen Geisteskrankheiten (die Klassiker - phrenitis, mania, furor und melancholia - ebenso wie diejenigen, die in größerem Ausmaß seine innovative Herangehensweise illustrieren) untersuchen, andererseits die erörterten theoretischen Fragen hinsichtlich geistiger und körperlicher Gesundheit, der Ursachen geistiger Krankheit und der therapeutischen Möglichkeiten herausarbeiten. Das Ergebnis dieser Forschungsarbeit wird eine Monographie mit dem Titel Caelius Aurelianus on Mental Health sein. Diese Forschung wird einen entscheidenden Beitrag zur aktuellen Geschichtsschreibung über antike heilkundliche Kulturen leisten, indem sie eine große Lücke in den Studien zur antiken Medizin schließt. Epoche und Autor versprechen einen großen Erkenntnisgewinn: Erstens wegen des Reichtums und der unvergleichlichen Systematik des Werks bei der psychiatrischen Thematik; zweitens wegen der Synthese und Systematisierung der Griechisch-Römischen Medizin, wie sie fundamental für europäisches Denken werden sollte.
DFG-Verfahren
Sachbeihilfen