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"Twisted Transfers": Diskursive Konstruktionen von Korruption in der griechisch-römischen Antike
Antragsteller
Professor Dr. Filippo Carlà-Uhink
Fachliche Zuordnung
Alte Geschichte
Förderung
Förderung von 2019 bis 2024
Projektkennung
Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 428918466
Was ist Korruption? Wie Vertrauen, ist Korruption etwas, das wir zu kennen glauben, ständig diskutieren, aber kaum definieren können. Das liegt daran, dass dieses Konzept auf verschiedene Bereiche menschlicher (Inter-)Aktionen angewendet wird, und dass rein legalistische und damit essentialistische Definitionen oft nicht ausreichen, um seine Komplexität vollständig zu erfassen. So gibt es legale Handlungen, die in ihren gesellschaftlichen Kontexten als Korruption wahrgenommen werden, und illegale, die in bestimmten Gruppen und Kontexten als sozial tolerabel gelten können. Korruption erfordert die Partizipation von mindestens zwei Personen: Sie beinhaltet einen Transfer von (im-)materiellen Gütern, der von einem misstrauenden Beobachter als illegal oder immoralisch bewertet wird. Das Projekt wird die drei von den Sozialwissenschaften identifizierten Formen des Transfers untersuchen: Geschenk, Handel und den dritten Typ (t3t), der (nach Testart 2007) eine asymmetrische Machtbeziehung zwischen dem Geber und dem Empfänger voraussetzt. Ziel des Projektes ist es, zu verstehen, warum und wie diese Transfers im Diskurs als „verdreht“ und damit als Korruption dargestellt werden (können). Verdiente der notorisch korrupte römische Statthalter Siziliens, C. Verres, diese Bezeichnung? Während Cicero dies beweisen wollte, behauptete jener, er habe „nur“ Geschenke erhalten und verteilt. Diskursive Konstruktionen erlauben es, über eine legalistische Definition hinaus zu gehen und sie in ihren kulturellen, politischen und ökonomischen Kontexten zu untersuchen. Als Diskurs ist der „twisted transfer“ in normative Werte und Ideale korrekten Verhaltens sowie in stereotype Vorstellungen bestimmter sozialer und Berufs- Gruppen eingebettet. In diesem Rahmen werden wir uns auf die griechisch-römische Antike konzentrieren: von den Gerichtshöfen des klassischen Athens bis zur Ethik byzantinischer Diplomatie werden wir Fallstudien erschließen, die die Herausbildung von späteren Diskursen in westlichen Gesellschaften bis heute beeinflusst haben. Die Fülle heterogener Quellen bietet einen einmaligen Korpus, der es ermöglicht, die „twisted transfers“, die die antiken griechischen und römischen Kulturen, Mentalitäten und Diskurse geformt haben, gründlich zu untersuchen. Abseits der traditionellen legalistischen Perspektiven, bietet „Twisted Transfers“ einen innovativen, konstruktivistischen und in der historischen Korruptionsforschung bisher nicht vollständig verfolgten Ansatz. Die Aktualität der Diskussion über Korruption ermöglicht es uns zudem, ein Konzept zu entwickeln, um die öffentliche Aufmerksamkeit beider Länder auch abseits unseres Faches zu gewinnen. Die divergenten Arten von Fachwissen und Ansätze verschiedener akademischer Kulturen sowie die ungleiche Art und Weise, wie Korruption in Deutschland und in Großbritannien in der Öffentlichkeit diskutiert wird, machen eine internationale Kooperation für den Erfolg dieses Projektes notwendig.
DFG-Verfahren
Sachbeihilfen
Internationaler Bezug
Großbritannien
Kooperationspartnerinnen
Dr. Marta García Morcillo; Shushma Malik, Ph.D.