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Ontogenese und Evolution: parallele Kooption entwicklungsbiologischer Pfade während der adaptiven Evolution des visuellen Systems Neotropischer Buntbarsche in kürzlich besiedelten Kraterseen
Antragsteller
Professor Julián Torres-Dowdall, Ph.D.
Fachliche Zuordnung
Evolution, Anthropologie
Allgemeine Genetik und funktionelle Genomforschung
Evolutionäre Zell- und Entwicklungsbiologie der Tiere
Allgemeine Genetik und funktionelle Genomforschung
Evolutionäre Zell- und Entwicklungsbiologie der Tiere
Förderung
Förderung von 2019 bis 2023
Projektkennung
Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 428846198
Die Vorhersagbarkeit der Evolution ist ein hoch umstrittenes Thema. Während einige Wissenschaftler argumentieren, dass stochastische Faktoren vorherrschend sind und Evolution daher von Natur aus unvorhersehbar ist, sehen andere in den zahlreichen Beispielen paralleler Evolution die deterministische Signatur natürlicher Selektion. Ähnliche adaptive Gipfel in der Fitnesslandschaft sind oft Ursache für parallele Evolution, aber nicht unbedingt die einzige Erklärung. Eine gemeinsame genomische Basis und entwicklungsbiologische Einschränkungen nahe verwandter Arten könnten sich ebenso auch auf evolutionäre Veränderungen auswirken. In sollen Fällen ist zu erwarten, dass parallele phänotypische Evolution auf genetischen Parallelismen basiert. In diesem Antrag möchte ich untersuchen, ob phänotypische Parallelismen aus der Kooption gemeinsamer Entwicklungspfade resultieren. Ich beabsichtige, die Evolution des Farbsehens nicaraguanischer Midas Buntbarschen zu untersuchen. Dieser Artkomplex stellt ein ausgezeichnetes System dar, da phylogenetische Beziehungen gut verstanden sind und die Radiationen innerhalb eines kurzen Zeitraums erfolgten, was sich wiederum in geringer genomischer Divergenz widerspiegelt. Zudem besiedelten Fische der trüben großen Seen unabhängig voneinander klare Kraterseen, welche sich untereinander in ihren Lichtverhältnissen ähneln. Die visuelle Sensitivität der Midas Buntbarsche ist nach der Besiedelung der Kraterseen rapide und parallel evolviert und ähnelt der visuellen Sensitivität jüngerer Entwicklungsstadien der Fische aus den großen Seen. Daher gehe ich davon aus, dass 1) Entwicklungspfade während der Anpassung an die neuen Bedingungen kooptiert wurden und somit 2) ein hohes Maß genetischer Parallelismen zwischen den Arten der Kraterseen zu erwarten ist. Um dies zu testen werde ich Vorwärts- und Rückwärtsgenetik kombinieren. Ich werde retinale Transkriptome auf eine positive Assoziation zwischen differentiell exprimierten Genen untersuchen, welche der evolutionären Divergenz zugrunde liegen (Kraterseen vs. große Seen) und den ontogenetischen Veränderungen in der ursprünglichen Population (große Seen) entsprechen. Hierbei handelt es sich bei Fischen aus den unterschiedlichen Kraterseen wahrscheinlich um dieselben Gene. Anschließend werde ich die genetische Architektur der visuellen Sensitivität durch eQTL Analysen in zwei unabhängigen Hybridkreuzungen zwischen jeweils einer Art der großen Seen und einer Art der Kraterseen untersuchen. Ich erwarte, dass dieselben genomischen Regionen parallelen Veränderungen in der Genexpression unterliegen, welche die visuelle Sensitivität in beiden Hybridkreuzungen beeinflussen. Zuletzt werde ich genomverändernde Methoden verwenden, um die identifizierten genomischen Regionen funktionell zu untersuchen. Dieses Projekt wird zur Debatte über die Vorhersagbarkeit der Evolution beitragen und das Verständnis von entwicklungsbiologischen Mechanismen und adaptiver Divergenz des Farbsehens verbessern.
DFG-Verfahren
Sachbeihilfen