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„Nächste Hilfe“ am Bahnhof: Eine praktisch-theologische Untersuchung der Bahnhofsmission.
Antragstellerin
Professorin Dr. Isolde Karle
Fachliche Zuordnung
Evangelische Theologie
Förderung
Förderung von 2019 bis 2023
Projektkennung
Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 423629649
Bahnhofsmissionen leisten seit über 125 Jahren im Auftrag von Diakonie und Caritas niedrigschwellige Hilfe an einem zentralen Knotenpunkt urbaner Mobilität. Dennoch wurde ihre Arbeit bislang praktisch-theologisch kaum erforscht. Diese Forschungslücke möchte das avisierte Forschungsprojekt schließen. Es geht darum, die Vielfalt der Arbeit der Bahnhofsmissionen als „nächste Hilfe am Bahnhof“ ethnografisch zu erfassen und ihr Selbstverständnis als „gelebte Kirche“ praktisch-theologisch zu reflektieren. Unter der Projektnummer 423629649 fördert die DFG seit 1. Oktober 2019 das Projekt „Nächste Hilfe“ am Bahnhof: Eine praktisch-theologische Untersuchung der Bahnhofsmission.“ Die auf 3 Jahre angelegte Förderung reicht zur Fertigstellung des Projektes nicht aus, da aufgrund der Corona-Pandemie die für das Jahr 2020 vorgesehene Datenerhebung im Feld monatelang gar nicht und später nur sehr eingeschränkt stattfinden konnte. Aus diesem Grund wird ein Fortsetzungsantrag für ein weiteres Jahr gestellt.Die mittels teilnehmender Beobachtung erhobenen Daten von fünf Standorten liegen mittlerweile ausgewertet vor. Ergänzt werden sie von 26 formalisierten Interviews mit Haupt- und Ehrenamtlichen und zehn Videokonferenzen von Leiter:innen, sowie eine umfassende Dokumentensammlung aus dem Feld. Aufgenommen wurden außerdem Daten von Facebook-/Instagramseiten von sechs Bahnhofsmissionen. Als Forschungsstrategie wurde die Theorie sozialer Praktiken gewählt, mittels derer sich das „Doing Bahnhofsmission“ als eine Verkettung von Einzelpraktiken verstehen lässt. Die Ausarbeitung zu den Praktiken der Raum(re)produktion, der Kooperation und der zentralen Praxis der bahnhofsmissionarischen Hilfe sind bereits erfolgt. Das „Doing Bahnhofsmission“ erweist sich dabei als ein umfassendes „go-between“ diakonischen Handelns, das zwischen unterschiedlichen Menschengruppen, Anliegen und Haltungen vermittelt und sich dabei stets im Dazwischen aus Nähe und Distanz bewegt.Die Ergebnisse zu explizit religiösen Praktiken und Praktiken der Anpassung müssen noch verschriftlicht werden. Das „Doing Church“ der Bahnhofsmission lässt sich dabei als Epithese zum allgemein humanen Helfen und als Deklaration des eigenen christlichen Wert- und Menschenbildes verstehen. Schließlich ist noch eine theologische Einordnung der ethnografischen Ergebnisse vorzunehmen. Die Praxis der Bahnhofsmission wird dabei als diakonisches Handeln gedeutet, in dem allgemein-menschliche Hilfe auf seine „religiösen Rationalitäten“ (Moos) hin durchsichtig wird. Die Bahnhofsmission erscheint dadurch als kirchliche Einrichtung, die ihre christlichen Grundwerte in eine verständliche Sprache überführt, sie praktisch umsetzt und ihnen Glaubwürdigkeit verleiht.
DFG-Verfahren
Sachbeihilfen
Mitverantwortliche
Professor Dr. Traugott Jähnichen; Professor Dr. Werner Vogd