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Die globale Produktion und ihre Aufpasser: Firmen und NGOs im regulatorischen Vakuum
Antragsteller
Professor Sebastian Krautheim, Ph.D.
Fachliche Zuordnung
Wirtschaftspolitik, Angewandte Volkswirtschaftslehre
Förderung
Förderung von 2019 bis 2023
Projektkennung
Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 421074032
Während die Regulierung der Produktion, z.B. in den Bereichen Umwelt und Arbeit, überwiegend nationalstaatlich geregelt wird, haben sich Wertschöpfungs- und Lieferketten in den vergangenen drei Jahrzehnten in einem nie dagewesenen Ausmaß internationalisiert. Dies erlaubt es Firmen, durch die Wahl ihrer Produktionsstandorte von massiven Unterschieden in Regulierung und ihrer Durchsetzung zu profitieren: dem "regulatorischen Vakuum". Dies hat einen neuen, nicht-staatlichen wirtschaftspolitischen Akteur auf den Plan gerufen, der bisher in der ökonomischen Forschung zur Außenwirtschaft kaum Beachtung gefunden hat: advocacy (oder: watchdog) NGOs wie z.B. Greenpeace, Rainforest Action Network, Amnesty International etc. Diese haben ihre Strategien an die Internationalisierung der Produktion angepasst und beeinflussen Firmen verstärkt direkt durch (Androhung von) Kampagnen und Boykottaufrufen, anstatt auf nationale Regulierung abzuzielen. Das Beispiel der Anti-Sweatshop-Kampagne gegen Nike (Arbeitsbedingungen bei indonesischen Zulieferern) im Jahr 1998 zeigt, dass NGO-Kampagnen mit starken Verlusten für Firmen einhergehen können (Jahresgewinn: –49%; Börsenwert: –20%). Die Kampagne führte zu deutlichen Zugeständnissen von Nike und hatte einen kausalen positiven Effekt auf die Löhne der Zulieferer. Wir stellen diesen wenig erforschten wirtschaftspolitischen Akteur und seine Interaktion mit international aktiven Firmen ins Zentrum unserer Analyse. Die zwei zentralen Forschungsfragen, an denen sich auch die Struktur des Projektes orientiert, sind die folgenden: 1. Wie organisieren Firmen die internationale Produktion, wenn sie einerseits durch Flucht vor Regulierung Kosten sparen können, dies jedoch andererseits die Gefahr von NGO-Kampagnen und Boykotten birgt? Unsere Analyse basiert auf der etablierten Literatur zur internationalen Organisation der Produktion. Ausgehend von unseren Vorarbeiten in Herkenhoff & Krautheim planen wir wichtige Beiträge sowohl auf der theoretischen als auch auf der empirischen Seite. 2. Eine Vorarbeit zu diesem Projekt zeigt, dass internationale NGO-Kampagnen gut durch triadische Gravitätsgleichungen abgebildet werden können. Daraus ergibt sich die Frage: Wie beeinflusst die Interaktion von NGOs mit den Export- und globalen Sourcing-Entscheidungen internationaler Firmen die geographischen Muster internationaler NGO-Kampagnen? Hierzu ist eine Kooperation mit Thierry Verdier und Pamina Koenig (beide: Paris School of Economics) geplant. Basierend auf den empirischen Erkenntnissen und aufbauend auf Vorarbeiten u. a. in Krautheim sowie Krautheim & Verdier soll ein Modell mit heterogenen Firmen und heterogenen NGOs entworfen und analysiert werden. Implikationen des Modells sollen mit Hilfe des exklusiven Datensatzes, der auch den Vorarbeiten zugrunde liegt, rigoros empirisch analysiert werden.
DFG-Verfahren
Sachbeihilfen
Internationaler Bezug
Frankreich
Kooperationspartnerinnen / Kooperationspartner
Professorin Dr. Pamina Koenig; Professor Dr. Thierry Verdier