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Erfindung der Tradition: Die Kiewer Metropolie auf der Suche nach ihrem Weg zwischen Rom, Konstantinopel, Wittenberg, Warschau und Moskau (1596-1720)
Antragstellerin
Nataliia Sinkevych, Ph.D.
Fachliche Zuordnung
Frühneuzeitliche Geschichte
Förderung
Förderung seit 2018
Projektkennung
Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 419138214
Die Zeit vom Ende des 16. bis Anfang des 18. Jahrhunderts stellt eine äußerst wichtige Epoche der ukrainischen Geschichte dar. Beeinflusst von verschiedenen religiösen und politischen Zentren, fühlten sich Kiewer Intellektuelle gefordert, eine eigenständige ukrainische kirchliche Tradition zu deklarieren. Somit setzte am Ende des 16. und während des gesamten 17. Jahrhunderts ein Prozess der „Erfindung“ der Kiewer historiographischen, hagiographischen und polemischen Tradition ein, die in ihrer rhetorischen Vorgehensweisen und ihren narrativen Konstruktionen die Rückkehr zur „alten Zeit“ und den Urquellen verkündete. Das Hauptziel des Forschungsvorhabens ist es, die intellektuellen Strategien zu untersuchen, mit denen die Kiewer Hierarchen auf äußere politische, theologische und intellektuelle Einflüsse reagierten. Gefragt wird, welche Ideen und Praktiken sie aufnahmen, um eine eigene Tradition zu artikulieren und welches Gedankengut sie in ihren politischen Deklarationen, polemischen, historiographischen und hagiographischen Schreiben thematisierten oder ignorierten. Der parallele Verlauf der „Erfindung der Tradition“ in den unierten und orthodoxen Kirchen liefert ein wichtiges Material zum Vergleich dieses Prozesses in beiden Teilen der einst einheitlichen Kiewer Metropolie.Die Aufgabe des Projektes ist es, nicht nur die Besonderheit der ukrainischen kirchlichen Situation aufzuzeigen, sondern zusätzlich die Ergebnisse der Studie in einen gesamteuropäischen Kontext einzuordnen. Deswegen soll in einem zweiten Schritt gefragt werden, ob und inwieweit aus Kiew auch Impulse ausgingen, die die europäischen religiösen und kulturellen Zentren geprägt haben. Um das Ziel des Projektes zu erreichen, werden auf fünf Untersuchungsebenen politische Deklarationen, polemische, historische und hagiographische Quellen sowie die Bibliotheksbestände der Kleriker analysiert. Die verwendete Methodologie besteht aus der komparatistischen, theologisch-hermeneutischen Methoden, historischen Rekonstruktion und Dekonstruktion und dem Konzept der Herrschaftslegitimierung. Um die Ergebnisse der Studie in gesamteuropäischen Kontext zu verorten, werden die Konzepte der Konfessionalisierung, der Erinnerungsorte und der Nationenbildung im Frühmodernen Europa benutzt.
DFG-Verfahren
Sachbeihilfen