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Ein mehrstufiger Ansatz zum Zusammenhang zwischen Lateralisierung und Entwicklungsstörungen

Antragstellerin Dr. Judith Schmitz
Fachliche Zuordnung Allgemeine, Kognitive und Mathematische Psychologie
Förderung Förderung von 2019 bis 2021
Projektkennung Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 418445085
 
Erstellungsjahr 2021

Zusammenfassung der Projektergebnisse

Der menschliche Körper weist auf den ersten Blick eine deutliche links-rechts Symmetrie auf, wohingegen auf viszeraler Ebene viele Organe offensichtliche Asymmetrien aufweisen. Die linke und rechte Hemisphäre scheinen auf makrostruktureller Ebene symmetrisch, weisen aber strukturelle und funktionelle Asymmetrien auf. Dies äußert sich beispielsweise darin, ob eine Person rechts- oder linkshändig ist. Verschiedene Arten von Asymmetrien, etwa strukturelle Gehirnasymmetrien oder Verhaltensasymmetrien wie die Händigkeit, wurden mit Entwicklungsstörungen wie Autismusspektrumstörungen, ADHS und Dyslexie assoziiert. Im Rahmen des Forschungsstipendiums wollte ich untersuchen, inwiefern andere Formen von Verhaltensasymmetrien (wie Füßigkeit, Augenpräferenz oder Asymmetrie im Hörvermögen) mit Entwicklungsstörungen assoziiert sind und inwiefern hierbei Gene, die für die Asymmetrie der inneren Organe relevant sind, eine Rolle spielen. Ich konnte zeigen, dass Händigkeit, Füßigkeit und Augenpräferenz auf einen gemeinsamen genetischen Faktor zurückgehen. Familiäre (Eltern-, Zwillings-) und molekulargenetische Analysen weisen auf einen höheren Einfluss genetischer Faktoren auf Füßigkeit als Händigkeit und einen begrenzten Einfluss genetischer Faktoren auf Augenpräferenz hin. Es hat sich gezeigt, dass quantitative multidimensionale Phänotypen (korrigiert für Effekte von Geschlecht, Alter und Herkunft) besser geeignet sind, asymmetrie-relevante genetische Komponenten zu identifizieren als binäre links/rechts Phänotypen. Ein erhöhtes genetisches Risiko für ADHS und eine genetische Disposition zu niedrigem IQ und einer niedrigeren Anzahl an Bildungsjahren gehen mit einer höheren Wahrscheinlichkeit für Linkshändigkeit einher. Dies spricht für eine Rolle von Genen für kognitive statt psychiatrische Merkmale für die Händigkeit. Solche Effekte konnten für keinen anderen Asymmetrie Phänotypen gezeigt werden. Die Arbeit mit der Asymmetrie im Hörvermögen hat unerwartete Assoziationen zwischen dem Hörvermögen per se und kognitiven Fähigkeiten im Kindesalter sowie Schulabschlussnoten im Jugendalter auf auf phänotypischer und auf genetischer Ebene zutage gebracht. Eine genetische Disposition zu einem höheren IQ und mehr Bildungsjahren war unabhängig von der Asymmetrie im Hörvermögen, war jedoch allgemein mit besserem Hörvermögen im Alter von 7.6 Jahren assoziiert. In einer Follow-up Studie zu Sehvermögen konnten die gleichen Zusammenhänge für das Sehvermögen gefunden werden, obwohl Hör- und Sehvermögen keinerlei Assoziation miteinander zeigten. Beide sensorischen Funktionen waren außerdem in Kindern mit niedrigem sozioökonomischem Status reduziert, wohingegen Sehvermögen in Kindern mit Dyslexie reduziert war. Diese Ergebnisse sprechen dafür, dass genetisch bedingte sensorische Funktionen im Kindesalter die akademische Leistung im Rahmen von Gen-Umwelt-Korrelationen prägen. Folgestudien mit größeren Stichproben und umfangreicheren phänotypischen Daten sind derweil in Planung.

Projektbezogene Publikationen (Auswahl)

  • (2020). Four meta‑analyses across 164 studies on atypical footedness prevalence and its relation to handedness. Scientific Reports, 10: 14501
    Packheiser J, Schmitz J, Berretz G, Carey D, Paracchini S, Papadatou-Pastou M, Ocklenburg S
    (Siehe online unter https://doi.org/10.1038/s41598-020-71478-w)
  • Handedness and depression: a meta-analysis across 87 studies. Journal of Affective Disorders, 16: 200-209
    Packheiser J, Schmitz J, Stein CC, Pfeifer LS, Berretz G, Papadatou-Pastou M, Peterburs J, Ocklenburg S
    (Siehe online unter https://doi.org/10.1016/j.jad.2021.07.052)
  • Quantitative multidimensional phenotypes improve genetic analysis of laterality traits
    Schmitz J, Zheng M, Lui KFH, McBride C, Ho CSH, Paracchini S
    (Siehe online unter https://doi.org/10.1101/2021.04.28.441754)
 
 

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