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Antizipation von Erwartungen - Finanzinstitute und die Beobachtung des Sparverhaltens in Westdeutschland und den Vereinigten Staaten von Amerika

Fachliche Zuordnung Wirtschafts- und Sozialgeschichte
Förderung Förderung von 2019 bis 2023
Projektkennung Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 415982918
 
Die wirtschaftswissenschaftliche Sparforschung hat sich immer wieder mit unterschiedlichen „saving puzzles“ zu beschäftigen. Dieser Ausdruck wird für Beobachtungen des Sparverhaltens privater Haushalte verwendet, das entweder nicht in erwarteter Weise auf Änderung makroökonomischer Rahmendaten reagiert oder den etablierten ökonomischen Spartheorien widerspricht. Der Vergleich des Sparverhaltens von US-amerikanischen und deutschen Haushalten in den 1970er und 1980er Jahren gehört zu diesen Rätseln: Unter ähnlichen gesamtwirtschaftlichen Rahmenbedingungen, reduzierten die amerikanischen Haushalte ihre Ersparnisbildung im Verlauf der 1970er Jahre und gingen zu risikoreichen Finanzmarktprodukten über. Die deutschen Haushalte sparten hingegen auf vergleichsweise hohem Niveau und hielten am klassischen Sparbuch fest. Das Projekt geht von der Annahme aus, dass sehr unterschiedliche Zukunftserwartungen der Haushalte in den beiden Ländern letztlich für die Unterschiede im Sparverhalten verantwortlich sind. In beiden Ländern stellten die 1970er Jahre in wirtschaftshistorischer Hinsicht eine Phase des „fundamentalen Lernens“ (Siegenthaler) dar, in der die Haushalte ihre Regelsysteme für die ökonomische Erwartungsbildung neu formierten. Dieser Prozess fand in enger Interaktion mit den wesentlichen Finanzmarktakteuren statt, die die Veränderungen in der Erwartungsbildung ihrerseits beobachteten, um mit ihrem Produktangebot entsprechend reagieren zu können. Während die Erwartungen der Haushalte und deren Effekt auf die Ersparnisbildung sich mangels Mikrodaten letztlich nicht direkt erforschen lässt, ist der Interaktionsprozess, der die Erwartungsbildung trug, in den Archiven der Finanzinstitute gut dokumentiert. Diesen Umstand macht sich das Projekt zunutze, um auf der Grundlage der Beobachtungen der Finanzinstitute die Erwartungsbildung der Sparer und deren Veränderung in der Stagflationszeit zu untersuchen. Das Projekt geht von zwei vergleichenden Fallbeispielen in den USA und Deutschland in den 1970er und 1980er Jahren aus. Im ersten Beispiel geht es um das unterschiedliche Schicksal des Sparbuchs. Das zweite Fallbeispiel vergleicht die Wahl von Anlageformen innerhalb von staatlich subventionierten Sparverträgen, die zum Teil von den Arbeitgebern bedient werden. Im Projekt wird der zuweilen sehr komplizierte regulatorische Rahmen für beide Länder rekonstruiert, das Sparverhalten und insbesondere der Wandel der Anlageformen aufgearbeitet, um sich schließlich im Rahmen von längeren Archivstudien schwerpunktmäßig mit dem Kommunikationsprozess zwischen Kunden und Finanzinstituten zu befassen, der sich in einer Vielzahl von privaten, staatlichen und verbandlichen Archiven dokumentiert findet.
DFG-Verfahren Schwerpunktprogramme
 
 

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