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Das Mathematische Forschungsinstitut Oberwolfach, 1944-1963: Vom „Reichsinstitut für Mathematik“ zur internationalen „sozialen Forschungsinfrastruktur“

Fachliche Zuordnung Wissenschaftsgeschichte
Förderung Förderung von 2018 bis 2022
Projektkennung Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 410497932
 
Das Mathematische Forschungsinstitut Oberwolfach (MFO) ist seit 2005 Mitglied der Leibniz Gemeinschaft und genießt international höchstes Ansehen. Im Herbst 1944 durch den Freiburger Mathematiker Wilhelm Süss (1895-1958) als „Reichsinstitut für Mathematik“ gegründet, entwickelte das MFO sich in den 1950er und 1960er Jahren zu einem Tagungszentrum, das zunehmend auch international ausstrahlte. Während seine Gründungsgeschichte historisch untersucht wurde, liegen zu seiner Geschichte nach 1945 neben wenigen historischen Arbeiten, die einzelne Aspekte berühren, im wesentlichen nur Beiträge vor, die eher der mathematischen Erinnerungskultur entsprungen sind. Sie enthalten zwar wertvolle Anregungen für eine Geschichte des MFO, genügen aber wissenschaftshistorischen methodischen Ansprüchen kaum. Diese Lücke will das Vorhaben füllen: es handelt sich um eine Geschichte des MFO, die seinen institutionellen Wandel von einem „Reichsinstitut für Mathematik“, dessen Aufgaben sehr umfassend waren, aber völlig im zeitgenössischen institutionellen Rahmen blieben, zu einer „sozialen Forschungsinfrastruktur“ analysiert, wie sie in der deutschen Forschungslandschaft der 1950er und 1960er Jahre völlig neu war. Im Fokus wird dabei der Wandel der institutionellen Identität des MFO zwischen 1944 und dem Beginn der 1960er Jahre stehen, d.h. insbesondere die Entwicklung und Bedeutung des wissenschaftlichen Programms des MFO (Tagungen, „team work“, Bourbaki) und der verwendeten Forschungsinstrumente (Bibliothek, Publikationsprogramm) sowie der damit einhergehenden Strategien, um die Existenz der MFO zu sichern (etwa im Rahmen der MPG). Damit ist zugleich eine Brücke geschlagen zur Thematik der Wahrnehmung der Mathematik im öffentlichen und im politischen Raum in den 1950er und frühen 1960er Jahren.Der formale Endpunkt 1963 ist dabei durch den Wechsel der Institutsleitung von Theodor Schneider (1911-1988) auf Martin Barner (geb. 1921, Leitung MFO 1963-1994) im Jahr 1963 gegeben. Zu diesem Zeitpunkt war die institutionelle Sicherung des MFO weitgehend abgeschlossen bzw. vorgezeichnet. Im Vordergrund des Vorhabens stehen – im methodischen Rahmen der Analyse des Entstehens einer neuen und bleibenden institutionellen Identität des MFO – vor allem die Analyse der historischen Prozesse (1) der Entwicklung und inhaltlichen Ausgestaltung des Tagungsbetriebs, (2) der (komplexen) institutionellen Sicherung des MFO und (3) der Rolle des MFO für die Re-Internationalisierung der Mathematik in Deutschland. Auf diese Weise öffnet das Vorhaben zugleich ein Fenster auf Themen von allgemeinerem wissenschaftshistorischen Interesse wie die Komplexität der Forschungsförderung und die Re-Internationalisierung der Wissenschaften in der frühen Bundesrepublik.
DFG-Verfahren Sachbeihilfen
 
 

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