Detailseite
Projekt Druckansicht

(Re-)Sozialisierung im Maßregelvollzug – im Spannungsfeld von Individuum, Organisation und Gesellschaft

Fachliche Zuordnung Empirische Sozialforschung
Soziologische Theorie
Förderung Förderung von 2019 bis 2023
Projektkennung Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 406931463
 
Die Maßregel der „Besserung und Sicherung“ (§63 StGB) hat die Resozialisierung psychisch kranker Rechtsbrecher zum Ziel. Der Vollzug findet dabei hauptsächlich in einem geschlossenen psychiatrischen Krankenhaus statt, denn aufgrund einer (stark) eingeschränkten Schuldfähigkeit geht es nicht um die Bestrafung von Schuldigen, sondern die Behandlung von psychisch Kranken. Nicht zuletzt aufgrund der schwer einschätzbaren zukünftigen Gefährlichkeit der Patienten stehen die Einrichtungen im Spannungsfeld der Funktionsbezüge Recht, Gesellschaft, Politik, Wirtschaft und Medizin. Am Anspruch der Resozialisierung der Untergebrachten, also dem Versuch, in einem hochgradig organisierten Prozess das Individuum wieder gesellschaftsfähig zu machen, wird die dichte Verschränkung von Individuum, Organisation und Gesellschaft offensichtlich. Zu „Veränderungen“ der Person kommt es dabei nicht allein aufgrund mehr oder weniger gezielter therapeutischer Eingriffe, sondern in hohem Maße durch die jahrelange Sozialisation in einem stark reglementierten geschlossenen Setting. Bislang bleibt jedoch die Frage offen, wie Resozialisierung unter Bedingungen einer organisierten Krankenbehandlung realisiert werden kann und welche sozialisierende „Normalität“ sich in einer solchen Organisation letztlich einstellt.Um hier zu fundierten Erkenntnissen zu kommen, soll in einem wissenssoziologisch-qualitativen For-schungsdesign die Praxis mehrerer Maßregelvollzugskliniken vergleichend rekonstruiert werden. Mit der speziell im Hinblick auf Organisationen entwickelten Kontexturanalyse steht eine methodologische Konzeption zur Verfügung, die eine solch chronisch paradoxe Einrichtung in ihren Widersprüchen zu rekonstruieren vermag, ohne dabei – wie bisherige Ansätze – einem soziologischen oder biologischen Reduktionismus verfallen zu müssen.Aufgrund der länderspezifischen Ausgestaltung des Maßregelvollzugs werden dementsprechende Unterschiede im Sampling berücksichtigt. Durch die Einbeziehung aller am therapeutischen Prozess beteiligten Personengruppen (Patienten, Pfleger, Therapeuten, Sozialarbeiter, Psychologen) sollen Resozialisierung und ferner (Milieu-)Therapie als eine organisierte Praxis rekonstruiert werden. Das bedeutet, dass erstmals für eine solche Einrichtung systematisch herausgearbeitet werden soll, welche spezifischen Anforderungen und Spannungen auf welcher Ebene von wem bearbeitet werden und wie diese komplexen Reflexionsverhältnisse in der Praxis zu einem praktikablen Arrangement zusammenfinden.
DFG-Verfahren Sachbeihilfen
 
 

Zusatzinformationen

Textvergrößerung und Kontrastanpassung