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Inferenz computationaler Dynamiken aus neuronalen Ableitungen mittels tiefer rekurrenter neuronaler Netze
Antragsteller
Professor Dr. Daniel Durstewitz
Fachliche Zuordnung
Kognitive, systemische und Verhaltensneurobiologie
Förderung
Förderung von 2018 bis 2024
Projektkennung
Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 406070939
Grundlegend in den theoretischen Neurowissenschaften ist die Annahme, dass computationale Prozesse im Gehirn über die zugrundeliegende neuronale Dynamik implementiert sind. Z.B. können kognitive Prozesse wie Arbeitsgedächtnis, Entscheidungsfindung, Zeitschätzung oder gedankliche Sequenzen in Termini von Attraktorzuständen, probabilistischen Übergängen zwischen diesen oder langsamen Transienten beschrieben werden. Aus dieser Sicht sollte ein wesentliches Ziel in den computationalen Neurowissenschaften sein, aus experimentellen Datenreihen zugrundeliegende Dynamiken zu extrahieren. Die neuronale Dynamik selbst ist aber in der Regel nicht direkt beobachtbar, sondern muss aus verrauschten und begrenzten physiologischen Datensätzen erschlossen werden, die Beobachtungen nur über einen kleineren Teil des zugrundeliegenden Systems enthalten. Methodische Werkzeuge, die dies leisten können, wären daher von sehr großem Nutzen. Die Entwicklung solcher basierend auf tiefen rekurrenten neuronalen Netzen (RNN), und deren Erprobung an experimentellen Datensätzen, ist daher zentrales Ziel dieses Antrags. In vorhergehenden Arbeiten haben wir eine Kombination aus Delay-Einbettungen und nichtlinearen Basiserweiterungen verwendet, um aus Multizellableitungen wesentliche Charakteristika der zugrundeliegenden Dynamik, wie z.B. Konvergenz zu semi-attrahierenden Zuständen, zu extrahieren. Kürzlich haben wir zudem Methoden für die statistische Schätzung von RNNs aus experimentellen Daten entwickelt. RNNs sind computational und dynamisch universell, d.h. können prinzipiell jedmögliches dynamische System approximieren bzw. emulieren, und damit prinzipiell auch jede Hirndynamik, die dem beobachteten Verhalten und neuronalen Messungen zugrunde liegt.Basierend auf diesen früheren und vorläufigen Arbeiten werden in diesem Antrag eine Reihe wichtiger Probleme angegangen: 1) Existierende Methoden zur statistischen Schätzung von tiefen RNNs skalieren nicht gut mit der Systemgröße, was aber sehr wichtig wäre, um gute Approximationen an die Dynamik zu erzielen und größere Datensätze zu verarbeiten; dafür werden hier verschiedene Lösungen vorgeschlagen. 2) Wichtiger noch, bisher fehlt es an einer systematischen Validierung und einem Vergleich zwischen verschiedenen RNN-Architekturen und Inferenzalgorithmen anhand biophysikalischer Modellsysteme, deren (wahres) Verhalten bekannt ist, insbesondere in Bezug auf experimentell realistische Szenarien mit vergleichsweise limitierten Messungen von verrauschten hoch-dimensionalen neuronalen Systemen, von denen nur wenige Dimensionen direkt beobachtet wurden. 3) Primär als ein Anwendungsbeispiel werden wir dann mithilfe dieser Methoden Multizellableitungen vom präfrontalen Kortex und Hippocampus von Ratten während Arbeitsgedächtnisaufgaben reanalysieren und damit Fragen zur gekoppelten Systemdynamik adressieren, die bisherigen Analysetools nicht zugänglich waren.
DFG-Verfahren
Sachbeihilfen