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Die Ontogenie von Navigation bei Cataglyphis Ameisen
Antragsteller
Professor Dr. Wolfgang Rössler
Fachliche Zuordnung
Kognitive, systemische und Verhaltensneurobiologie
Förderung
Förderung von 2018 bis 2022
Projektkennung
Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 405620408
Räumliche Orientierung ist essentiell für fast alle Tierarten. Wüstenameisen der Gattung Cataglyphis vollbringen faszinierende Navigationsleistungen. Nach langen Futtersuchläufen finden sie zurück zum unauffälligen Nesteingang im Boden. Die Ameisen verwenden vornehmlich Wegintegration, basierend auf einem internen Himmelskompass und einer Art Schrittzähler, womit sie zurückgelegte Richtungen und Entfernungen integrieren. Sie nutzen außerdem visuelle Landmarken, sofern vorhanden. Die neuronalen Mechanismen der Verhaltensontogenie visuell basierter Navigation sind noch weitgehend unverstanden. Cataglyphis Ameisen eröffnen hier einen einzigartigen Zugang. Die Ameisen verbringen den wesentlichen Teil ihres Lebens mit Aufgaben im dunklen Nest, bevor sie in Zwischenstufen schließlich zur solitären Futtersuche im hellen Sonnenlicht übergehen. Im Projekt sollen zwei zentrale Fragen in einem neuroethologischen Ansatz untersucht werden. (i) Wie werden die Verhaltensübergänge von Tätigkeiten im dunklen Nest bis zur Futtersuche im hellen Sonnenlicht kontrolliert? (ii) Wie wird das visuelle System an den drastischen Übergang angepasst, und wie lernen die Ameisen essentielle Navigationsinformation?(i) Um die Mechanismen der Transition vom dunklen Nest zu hellem Sonnenlicht zu verstehen, untersuchen wir die Rolle von Neuropeptiden bei relevanten Verhaltensänderungen. Hierzu sollen quantitative Messungen zur alters- und stadien-spezifischen Expression identifizierter Neuropeptide im Ameisengehirn durchgeführt werden. Die Funktion ausgewählter Neuropeptide wird in Manipulationsexperimenten mittels Injektion synthetischer Peptide in das Gehirn und anschließende Tests für positive Phototaxis, lokomotorische Aktivität und räumliche Orientierung untersucht. (ii) Um die Funktion von Plastizität in neuronalen visuellen Schaltkreisen zum Zentralkomplex und in die Pilzkörper während der Transition zu verstehen, sollen Verhaltensmanipulationen (Freiland und Labor) mit strukturellen und funktionellen Analysen synaptischer Plastizität kombiniert werden. Naive Ameisen absolvieren stereotype Lernläufe über 2-3 Tage nahe am Nesteingang, bevor sie erstmalig zur Futtersuche über weite Strecken navigieren. Videoanalysen zeigen, dass Lernläufe wichtig für das Erlernen visueller Navigations-Information sind. Die Funktion spezifischer Elemente der Lernläufe wird mittels Manipulation des Himmelskompass und visueller Landmarken untersucht. Nach unserer Hypothese werden zunächst beide visuellen Bahnen durch homöostatische Plastizität an drastische Veränderung der Lichtverhältnisse angepasst, und anschließende Lernläufe führen zu lernabhängiger Plastizität vor allem in den Pilzkörpern. Wir erwarten wichtige Erkenntnisse zu grundlegenden Mechanismen der Verhaltensontogenie eines extrem leistungsfähigen, visuell-basierten Navigationssystems in einem kleinen Insektengehirn.
DFG-Verfahren
Sachbeihilfen