Spannungsrelaxationsverhalten Nanopartikel gefüllter thermoplastischer Elastomere (TPE-V) mit phasenspezifiischer Füllstoffverteilung
Final Report Abstract
Im vorliegenden Forschungsprojekt wurde ein Auswerteverfahren weiterentwickelt, welches das zeitabhängige Deformationsverhalten von mit Nanopartikeln gefüllten konventionellen Vulkanisaten auf Kautschukbasis und thermoplastischen Vulkanisaten (TPV) unter Berücksichtigung des Einflusses von Füllstoffdispersion und -verteilung beschreiben kann. Die Entwicklung der Blendmorphologie der gefüllten Stoffsysteme wurde mittels innovativer Charakterisierungsmethoden, wie der Methode des online gemessenen elektrischen Leitwerts sowie der thermogravimetrischen Analyse (TGA) und Fourier-Transformierten- Infrarotspektroskopie (FTIR) am Polymer-Füllstoff-Gel charakterisiert, wobei umfangreiche Kenntnisse über die Benetzungs-, Infiltrations-, Dispersions- und Distributionsvorgänge des Füllstoffes in gefüllten Kautschukcompounds und -blends erhalten werden konnten. Zur Charakterisierung des Spannungsrelaxationsverhaltens wurde ein Auswerteverfahren entwickelt, das auf dem Zweikomponentenmodell unter Annahme eines thermisch aktivierbaren und athermischen Spannungsanteils Δσ bzw. σ∞ sowie der Betrachtung der Blendmorphologie als überlagerte Netzwerke basiert. Auf Grundlage des Modells zur Beschreibung von thermisch aktivierbaren (relaxierenden, viskoelastischen) und athermischen (nicht-relaxierenden, elastischen) Deformationsanteilen kann eine Korrelation zwischen dem zeitabhängigen mechanischen Verhalten ungefüllter thermoplastischer Elastomere (TPE) und dem Werkstoffaufbau hergestellt werden. Die strukturelle Grundlage für die Diskussion der Zeitabhängigkeit des mechanischen Verhaltens ungefüllter thermoplastischer Elastomere vom Typ TPE-V (TPV) basiert auf der Vorstellung über das Vorhandensein von zwei Netzwerken in TPV. Ausgehend vom Zweinetzwerkmodell wird die Morphologie von TPV nicht mehr als "weiche vernetzte Elastteilchen in harter Thermoplastmatrix" betrachtet, sondern als zwei sich überlagernde Netzwerke, ein Weichphasen- und ein Hartphasennetzwerk. Das Weichphasennetzwerk besteht aus einem Anteil chemischer Netzknoten (cross-links) in der Elastomerphase und einem Anteil Entanglements (slip-links) in dem amorphen Anteil der Thermoplastphase. Das Hartphasennetzwerk bzw. das kristalline Thermoplastnetzwerk wird durch den kristallinen Anteil der Thermoplastphase (Lamellen) ausgebildet. Die Erfassung morphologischer und technologischer Einflüsse auf die Größe des athermischen und thermisch aktivierbaren Spannungsanteils σ∞ bzw. Δσ0 führte zu dem Ergebnis, dass die Beziehungen zwischen den im jeweiligen Netzwerk ablaufenden Deformationsmechanismen und den einzelnen Spannungsanteilen modellmäßig beschrieben werden können. Die untersuchten Stoffsysteme waren gefüllte Vulkanisate auf Kautschukbasis und thermoplastische Vulkanisate mit gut definierter Füllstoffdispersion und -distribution. Durch systematische Variation der stofflichen Parameter und Messbedingungen konnte eine Zuordnung der Spannungsanteile zu den Struktureinheiten bzw. Netzwerken vorgenommen werden. Insbesondere wurde mit diesem Auswerteverfahren der Füllstoffeffekt auf das Spannungsrelaxationsverhalten in einem rußgefüllten Vulkanisat durch unterschiedliche Spannungsbeiträge ΔσCB(Netzwerk) und ΔσCB(Rubber-Layer) sowie σ∞CB(Netzwerk) und σ∞CB(Rubber-Layer), die von der Entwicklung des Rußnetzwerks und der Kautschukschicht auf der Rußoberfläche bestimmt werden, beschrieben. Die phasenspezifische Rußverteilung in thermoplastischen Vulkanisaten wirkt sich auf das Ausmaß der Spannungsbeiträge des Rußes maßgeblich aus. Gegenüber Ruß ist Organoclay dadurch gekennzeichnet, dass die Bildungsprozesse der Rubber-Layer und des Claynetzwerks aufgrund der ablaufenden Interkalierungs-bzw. Exfolierungsprozesse in veränderter Weise stattfinden. Mit den im Rahmen des Projektes verwendeten methoden wurde der Zustand der Interkalierung/Exfolierung und die Bildung der Rubber-Layer in Organoclay gefüllten Vulkanisaten und TPV quantifiziert. Anhand der Spannungsanteile Δσslip-link und Δσclay-clay link sowie σ∞cross-link und σ∞clay-clay link wurde das zeitabhängige Verstärkungsverhalten von Clay-Kautschuk- sowie Clay-TPV-Kompositen in Abhängigkeit vom Grad der Clay-Interkalierung und -Exfolierung diskutiert. Die erzielten Ergebnisse gestatten eine konsistente und quantitative Beschreibung des mechanischen Verhaltens gefüllter konventioneller und thermoplastischer Vulkanisate und ermöglichen eine Aufklärung der strukturellen Ursachen des viskoelastischen Verhaltens.
Publications
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