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Die "post-klassischen" Isländersagas neu gelesen
Antragstellerin
Professorin Dr. Rebecca Merkelbach
Fachliche Zuordnung
Europäische und Amerikanische Literatur- und Kulturwissenschaften
Förderung
Förderung von 2018 bis 2022
Projektkennung
Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 400154111
Die Sagaforschung hat sich lange Zeit auf die sogenannten "klassischen" Isländersagas aus dem dreizehnten Jahrhundert konzentriert, hingegen spätere Sagas, wie die ‘post-klassischen’ Isländersagas oder andere Genres, vernachlässigt. In den letzten Jahrzehnten hat sich der Fokus jedoch verschoben, was in mehr Aufmerksamkeit für diese späteren Genres resultierte. Die ‘post-klassischen’ Isländersagas zählen jedoch weiterhin zu den am wenigsten beachteten Texten der mittelalterlichen Literatur Islands. Es wurde häufig behauptet, dass in diesen ‘post-klassischen’ Sagas die sozialen Aspekte fehlten, die als charakteristisch für die ‘klassischen’ Sagas gelten. Stattdessen wurden ihnen eine binär aufgebaute Handlung zugeschrieben, die aus dem Konflikt zwischen übertrieben gezeichneten Heldenfiguren und in Einzelepisoden auftretenden paranormalen Gegenspielern besteht. Kürzlich hinterfragte jedoch Daniel Sävborg den auf einer späten Datierung basierenden Zugang zu diesen Sagas und eröffnete dadurch die Möglichkeit, auch andere Vorurteile gegenüber diesem Subgenre in Frage zu stellen, und dazu gehören vor allem der scheinbare Fokus auf dem Paranormalen und der Mangel an gesellschaftlichen Bezügen.Mein Projekt beabsichtigt, sich auf diese vernachlässigten Sagas, die mehr als ein Drittel der gesamten Isländersagas ausmachen, zu konzentrieren. Die Hauptfrage wird dabei lauten, ob die "post-klassischen" Sagas tatsächlich einer sozialen Dimension entbehren. Als Arbeitshypothese lege ich dazu der Sagahandlung statt einer Dichotomie aus Held versus Monster eine Triangulation aus dem Einzelnen, dem Paranormalen und dem Sozialen zugrunde. Jeder dieser drei Aspekte wird zunächst einzeln betrachtet, aber genauso sollen auch die Fälle beleuchtet werden, in denen die Grenzen zwischen den Kategorien verwischen oder gar zusammenbrechen. Diese Herangehensweise soll schlussendlich ermöglichen, die spätmittelalterlichen Isländersagas vor ihrem soziokulturellen Hintergrund zu lesen. Deshalb besteht das Projekt aus zwei Teilen: Im ersten Teil werden die Texte selbst in den Vordergrund gestellt und ihre Figuren und deren Interaktionen genau beleuchtet. Im zweiten Teil soll diese Erzählwelt dann im Kontext der realen Welt des spätmittelalterlichen Islands und seiner Anliegen situiert werden.Diese neue Lektüre dieser Sagas, die die Interaktionen ihrer Protagonisten und ihre gesellschaftlichen Dimension hervorhebt, wird daher einen neuen Zugang und ein neues Verständnis der Isländersagas als Ganzes ermöglichen. Sie wird vor allem dazu führen, dass die Intersektionen bislang getrennt gelesener Aspekte (wie z.B. das Paranormale und das Soziale) neu gedacht werden können.
DFG-Verfahren
Sachbeihilfen