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Die Übertragung westlicher Naturwissenschaft, Technologie und Medizin ins China der späten Ming-Zeit: Konvergenzen und Divergenzen im Lichte des Kunyu gezhi (Untersuchungen des Erdinneren; 1640) und des Taixi shuifa (Hydromethoden des Großen Westens; 1612)
Antragsteller
Professor Dr. Hans Ulrich Vogel
Fachliche Zuordnung
Asienbezogene Wissenschaften
Frühneuzeitliche Geschichte
Wissenschaftsgeschichte
Frühneuzeitliche Geschichte
Wissenschaftsgeschichte
Förderung
Förderung von 2018 bis 2022
Projektkennung
Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 397383545
Anlass für dieses Projekt war die sensationelle Wiederentdeckung in 2015 der chinesischen Version von Georgius Agricolas (1494-1555) De re metallica (1556). Über 350 Jahre lang war diese vom Ming-Beamten Li Tianjing (1579-1659) initiierte und vom Kölner Jesuitenmissionar Johann Adam Schall von Bell (1592-1666) beaufsichtigte Übertragung dieses berühmten Bergbauklassikers verschollen. Ziel ist es, das Kunyu gezhi (Untersuchungen des Erdinnern; 1640), so der chinesische Titel, samt aller wichtigen Begleitdokumente ins Englische zu übersetzen. Damit soll die höchst selektive und komplexe jesuitische Vorgehensweise geklärt werden, sowohl hinsichtlich der Auswahl der westlichen Referenztexte als auch neuer mineralogischer Ideen und Konzepte. Dies wird uns einmalige Einblicke in die Strategie der damaligen Übertragung von nützlichem und verlässlichem europäischen Wissen nach China geben. Weiterhin, wie wurde die Übersetzung auf chinesischer Seite aufgefasst und rezipiert und was war das Schicksal dieses bergbaulichen und metallurgischen Manuskripts bis zu seiner Wiederentdeckung? Im Vergleich dazu werden wir einen anderen wichtigen, bisher wenig beachteten Text, das Taixi shuifa (Hydromethoden des Großen Westens; Vorwort 1612), eingehend untersuchen. Dieses vom italienischen Jesuiten Sabatino de Ursis (1575-1620) mitverfasste Werk ist eine systematische Abhandlung sowohl der theoretischen als auch praktischen Phänomene von Wasser und Wasserwirtschaft, darunter auch der medizinischen Nützlichkeit von heißen Quellen und der Destillation von Heilpflanzen. Die Beschäftigung mit diesen beiden ungewöhnlichen Traktaten, die verschiedenen technischen und wirtschaftlichen Sektoren gewidmet sind, aber Überschneidungen vor allem bezüglich Wasserhaltung und Naturphilosophie aufweisen, erfolgt vor dem Hintergrund von Erkenntnissen, wie sie von anderen Forschern über den Wissenstransfer von West nach Ost während des Zeitalters der frühen Globalisierung gewonnen wurden. Zudem werden abschließend diese Ereignisse des frühen 17. Jh. mit denjenigen aus späterer Zeit verglichen werden, insbesondere den Aktivitäten der protestantischen Missionare im späten 19. Jh. Unsere Fallstudien werden umfassend die historische Kontextualisierung, d.h. die politischen, sozialen, wirtschaftlichen und kulturellen Bedingungen und Entwicklungen, berücksichtigen, und Konvergenzen und Divergenzen zwischen China und Europa beleuchten. Ein abschließendes Ziel ist es, auf der Basis dieser mikrohistorischen Fallstudien und der Herangehensweise einer komparatistischen makrohistorischen Soziologie zur Klärung der Frage nach der Entstehung der "Großen Divergenz" zwischen Europa und China in der Frühen Neuzeit beizutragen. Dieses Projekt, welches unter der Schirmherrschaft des UNESCO Subcommittee on Research and Education, Memory of the World Programme, steht, ist nicht nur von außerordentlicher Bedeutung für die Geschichte der Ost-West-Beziehungen, sondern auf für die deutsche Kulturgeschichte.
DFG-Verfahren
Sachbeihilfen