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Homeland and Holy Land. Crusading families in Champagne and Burgundy 1096-1270

Subject Area Medieval History
Term from 2018 to 2021
Project identifier Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Project number 393211005
 
Final Report Year 2022

Final Report Abstract

Das Projekt untersuchte aus genderhistorischer Perspektive die Auswirkungen der Kreuzzugsaktivitäten auf Macht und Herrschaft in den Entsendegesellschaften der Kreuzfahrer. Der Hauptfokus lag auf dem Haus Blois in der Grafschaft Champagne zwischen 1096 und 1270 im Vergleich mit dem Herzogtum Burgund. Die Quellengrundlage bestand vor allem aus Urkunden, Briefen und Chartularen; zudem wurden Kreuzzugslyrik und Chronistik sowie Siegel und materielle Artefakte des 11. bis 13. Jahrhunderts systematisch ausgewertet. Die Fragestellung richtete sich auf die dynamischen Machtfigurationen, die sich aus den fortwährenden und wiederkehrenden Kreuzzugsabsenzen ergaben, sowie auf die dadurch entstehenden Effekte auf Handlungsräume, Praktiken und Machtressourcen der männlichen wie weiblichen Akteure in der Heimat. Die Untersuchung knüpfte an Forschungen an, die sich mit Emergenz- und Resonanzräumen der Kreuzzüge oder anderen Formen prekärer Herrschaft beschäftigt haben, sowie an die Studien zu Kreuzzug und Gender im Mittelalter. In der Auseinandersetzung mit der Forschung wurde im Projekt Fragen sowohl nach der Resonanz der Kreuzzugsaufrufe als auch nach den Interferenzen und kompensatorischen Praktiken im Umgang mit den Kontingenzdimensionen der Kreuzzugsteilnahme nachgegangen. Im Hinblick auf die Leitfrage des Projekts ist festzuhalten, dass sich die Kreuzzugsabsenzen auf ganz unterschiedlichen Ebenen von Macht und Herrschaft sowohl für männliche wie auch weibliche Akteure in der Champagne auswirkten. Dabei müssen verschiedene Dimensionen von Absenz in ihren Wechselwirkungen verstanden werden: Die antizipierte Abwesenheit durch die bewusste Entscheidung zur Kreuzzugsteilnahme, die synchrone oder asynchrone Abwesenheit vieler relevanter Akteure vom Herrschaftsraum im Kreuzzugskontext und nicht zuletzt der Kreuzfahrerschutz als ein auf die Abwesenheit(en) zugeschnittenes rechtliches Sicherheitssystem, das zugleich auch neue Unwägbarkeiten produzierte. Die Projektarbeit hat gezeigt, dass die Inhalte der Kreuzzugsaufrufe zwar auf vielfältige Weise Resonanz in der Champagne erzeugten, aber dass die Entscheidung, sich einem Kreuzzug anzuschließen, analog zu Burgund von komplexen situativen Aushandlungsprozessen familiärer Erfordernisse und machtpolitischer Verpflichtungen abhängig war. Der Kreuzzugskontext bot den Kreuzfahrerfamilien Gelegenheit, eine Vielzahl von sozialkulturellen Machtressourcen zu akkumulieren. Ob und wie diese in symbolisches Prestige für eine günstige Positionierung auf dem politischen Feld transformiert werden konnten, war stets für den konkreten historischen Fall zu bestimmen. Dies galt auch für die Frauen der Familie, die die mit der Kreuzzugspartizipation einhergehende Abwesenheit der Männer kompensierten und aktiv Macht und Herrschaft zu bewahren versuchten. Ihre Regentschaften im Kreuzzugskontext erwiesen sich ebenso als hochdynamische Handlungsräume, in denen vorhandene und akkumulierte Ressourcen zusammen mit den situativen Bedingungen unterschiedliche Wirkungsmechanismen entfalten konnten. Insgesamt führten die Kreuzzüge in ihren Verflechtungen von Räumen und Akteuren sowie ihrer relativ häufigen zeitlichen Abfolge in der Champagne zu einer Verdichtung von Kontingenzerfahrungen mit Kaskadeneffekten. Die Überlappungen unterschiedlicher Kreuzzugsexpeditionen waren so auch ursächlich für die Errichtung eines weitreichenden und dynamischen Arrangements von Sicherheitspraktiken, das männliche wie weibliche Herrschaftsträger aktiv zu gestalten versuchten. Als vorläufiges Ergebnis des Projektes ist damit festzuhalten, dass die Kreuzzüge Akteuren daheim und in der Ferne, Männern wie Frauen, Potentiale für Chancen, aber auch für Krisen boten.

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