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Der Aufstieg von Brasilien, Indien und China: Bedrohung für Normen, die eine Vorzugsbehandlung von Entwicklungsländern gewähren?
Antragstellerin
Dr. Clara Weinhardt
Fachliche Zuordnung
Politikwissenschaft
Förderung
Förderung von 2018 bis 2022
Projektkennung
Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 393138162
Die wachsende wirtschaftliche Bedeutung aufstrebender Mächte führt zu einer Veränderung des globalen Machtgefüges. Ob diese Machtverschiebung eine fundamentale Herausforderung für westliche Normen und Ordnungsstrukturen darstellt, ist in zunehmendem Maße Teil der akademischen Debatte (Ikenberry 2011; Kupchan 2012; Steinfeld 2010). Dieses Projekt fragt jedoch, was der Aufstieg von Brasilien, China und Indien (BICs), den drei wirtschaftlich bedeutendsten Schwellenländern, für Normen bedeutet, die eine Vorzugsbehandlung von Entwicklungsländern als Gruppe gewähren. Wir verstehen diese Normen als politikfeldspezifische globale Normen, die auf der Idee der Verteilungsgerechtigkeit aufbauen, und Entwicklungsländern besonderen Zugang, Ausnahmen oder finanzielle Hilfe gewähren. Unsere zentrale Forschungsfrage fragt unter welchen Bedingungen und durch welche Mechanismen der Aufstieg der BICs zu einer Stärkung oder Schwächung von globalen Normen führt, die unterschiedliche Rechte und Pflichten für Industrie- und Entwicklungsländer festschreiben. Auf den ersten Blick lässt sich vermuten, dass der wachsende Einfluss aufstrebender Mächte auch eine Stärkung solcher Normen zur Folge hat. Es bleibt jedoch eine offene empirische Frage, ob die BICs Verhandlungskoalitionen mit Entwicklungsländer eingehen, die diese Normen stärken, ob sie eigene Koalitionen untereinander bilden oder sich verstärkt mit Industriestaaten verbünden. Wir wollen untersuchen, unter welchen Bedingungen welche dieser Annahmen zutrifft. Der Fokus auf aufstrebende Mächte und Normen, die eine Vorzugsbehandlung von Entwicklungsländern als Gruppe gewähren, stellt eine Forschungslücke dar. Das Projekt leistet damit einen wichtigen Beitrag zu Debatten zentraler Ordnungsprinzip globaler Politik im 21. Jahrhundert, und zeichnet den Wandel globaler Normen in den Nord-Süd-Beziehungen nach (Hurrell/Sengupta, 2012: 467). In seiner theoretischen Diskussion führt dieses Projekt zwei Forschungsansätze zusammen, die bisher selten zueinander sprechen: Die konstruktivistische Forschung zu Normenwandel und die institutionalistische Forschung zu internationaler Regimekomplexität. Angelehnt an diese Literaturstränge erwarten wir, dass eine Stärkung oder Schwächung solcher Normen für Entwicklungsländer durch die Verhandlungskoalitionen der BICs vom normativem Kontext und institutionellen Rahmenbedingungen abhängt. Um potenzielle Veränderungen der Normen zu messen, bewerten wir deren Verbreitung, Geltungsbereich und die rechtliche Verbindlichkeit, sowie die Staatenpraxis. Wir überprüfen unser Modell durch eine umfassende Auswertung der normativen Dynamiken im globalen Handels- und Klimaregime. Im Handelsregime untersuchen wir die Norm einer besonderen und differenzierten Behandlung von Entwicklungsländern, im Klimaregime steht die Norm der gemeinsamen aber differenzierten Verantwortlichkeiten im Zentrum. Um die Aussagekraft unserer Analyse zu erhöhen, werden vergleichende Fallstudien mit Prozessanalyse kombiniert.
DFG-Verfahren
Sachbeihilfen
Internationaler Bezug
Niederlande, Schweiz
Kooperationspartner
Professor Dr. Klaus Dingwerth