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Aristotelischer Konstitutivismus: eine alternative Erklärung praktischer Normativität

Antragsteller Dr. Christian Kietzmann
Fachliche Zuordnung Praktische Philosophie
Förderung Förderung von 2017 bis 2023
Projektkennung Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 391136454
 
Praktische Normativität - d.h. das Phänomen, das in Sätzen wie 'ich sollte zum Arzt gehen' oder 'Du solltest ihn nicht belügen' ausgedrückt wird - ist schwierig zu verstehen. Es weist mindestens drei Eigenschaften auf, die nur schwer auf einen Nenner zu bringen sind: Sollens-Überzeugungen erheben erstens einen Anspruch auf objektive Gültigkeit, sie haben zweitens motivierende Kraft, und sie sind drittens als Bestandteile der natürlichen Welt verständlich. Die beiden in den vergangenen Jahrzehnten prominentesten Positionen in der Debatte um praktische Normativität sind der Realismus, dem zufolge praktische Normativität in irreduziblen normativen Tatsachen gründet, und verschiedene Spielarten des Subjektivismus, für die praktische Normativität immer in der einen oder anderen Weise auf subjektiven motivierenden Einstellungen beruht. Beide Positionen scheitern jedoch daran, die drei Eigenschaften miteinander zu kombinieren. Seit einigen Jahren hat sich in der Literatur der Konstitutivismus als Alternative etabliert, die allen drei Eigenschaften zugleich gerecht zu werden verspricht. Konstitutivisten erklären praktische Normativität durch Normen, die für die Aktivität des Handelns aus Gründen konstitutiv sein sollen. Der Konstitutivismus wurde jedoch vor allem im Geiste des Kantianismus ausgearbeitet und hat deshalb eine Reihe von eigenen Schwierigkeiten. Sie beruhen m.E. allesamt darauf, dass Kantianer die praktische Vernunfttätigkeit nicht wesentlich als Lebenstätigkeit beschreiben und damit von der spezifisch menschlichen Lebensform abstrahieren. Mein Projekt schlägt eine aristotelische Alternative zum Kantianischen Konstitutivismus vor. Die zentrale Idee dieser Alternative lautet, dass Handeln aus Gründen wesentlich eine Lebenstätigkeit ist und daher die Normen, die für das Handeln konstitutiv sind, Normen des spezifisch menschlichen Lebens sind. Mein Aristotelischer Konstitutivismus unterscheidet sich von verschiedenen Neo-Aristotelismen dadurch, dass er Normen des menschlichen Lebens nicht wie diese als Inhalte des praktischen Denkens begreift - also etwa als Gründe, denen es im Handeln Rechnung zu tragen gilt -, sondern als Formprinzipien des menschlichen praktischen Denkens. In meinem Projekt werde ich eine tragfähige Version des Aristotelischen Konstitutivismus entwickeln und gegen Einwände verteidigen und so zeigen, dass es sich hierbei um eine vielversprechende alternative Position in der Debatte um die Natur praktischer Normativität handelt.
DFG-Verfahren Sachbeihilfen
 
 

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