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Nachkriegsmoderne und Medizinreform. Das Projekt der Gründung Medizinischer Akademien in Westdeutschland, 1950-1970

Fachliche Zuordnung Wissenschaftsgeschichte
Förderung Förderung von 2018 bis 2022
Projektkennung Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 389683492
 
Erstellungsjahr 2022

Zusammenfassung der Projektergebnisse

Pläne zur Hochschulreform wurden seit Mitte der 1950er Jahre ausführlich diskutiert. Die Gründung Medizinischer Akademien war davon ein zentraler, aber in der historischen Forschung bis jetzt wenig beachteter Aspekt. Dem Deutschen Wissenschaftsrat kam die Aufgabe zu, Foren für die Entwicklung von Reformideen zu entwickeln. Im Sommer 1958 richtete der Wissenschaftsrat Ausschüsse ein, in denen die Situation an den medizinischen Fakultäten in Bezug auf „Vermassung“, Spezialisierung, Forschungsrückstand und hierarchische Strukturen problematisiert wurde. Mit der Forderung nach Neugründungen in Form von Medizinischen Akademien, wurde neben der Kapazitätserweiterung zugleich auch eine Neuausrichtung sowohl der klinischen Forschung als auch des Medizinstudiums zum zentralen Programmpunkt. Die beiden Leitfragen lauteten entsprechend, wie die Spezialisierung in der Einheit der Universitätsklinik aufgehoben werden konnte und wie sich die spezialisierende Ausbildung mit dem Ideal der umfangreichen ärztlichen Allgemeinbildung verbinden ließ. Insbesondere das Teamwork in einem Departmentsystem, die Stärkung und Verstetigung des Mittelbaus, reüssierte als entscheidendes Moment der Innovation. Um neben der Kapazitätserweiterung die spezialisierte Medizin in eine Klinik zu integrieren und zugleich für den Nachwuchs attraktive Positionen in einem Departmentsystem zu schaffen, den Mittelbau zu stärken und den Medizinstudierenden intensive praktische Übung zu garantieren, wurde vom Wissenschaftsrat im Juni 1961 die Gründung von sieben Medizinischen Akademien ausgerufen. Verwirklicht wurde dies auf unterschiedliche Weise nur als Medizinische Akademie Lübeck (1964), Medizinische Hochschule Hannover (1965) und Medizinisch-Naturwissenschaftliche Hochschule Ulm (1967). Die Vorhaben einte das Ziel, durch eine Vertikalisierung der Hochschulstruktur die als forschungshemmend identifizierten Fakultäten aufzulösen und das Direktorialprinzip durch ein Departmentsystem zu ersetzen. Lehre, Forschung und Klinik sollten eng verbunden werden. Dabei sollte auch das Entstehen von reinen Fachschulen durch die Integration einer medizinanthropologischen und psychosomatischen Perspektive verhindert werden. Neben der mangelnden baulichen Umsetzung der Reformpläne sowie den unterschiedlichen Interessen der Medizinreformer und der Verwaltung, waren es die unsichere Finanzierung der Akademieprojekte und das Beharrungsvermögen der Fakultäten, die als Ursachen für die nur partielle und wenig beständige Umsetzung der Reformpläne angeführt werden müssen.

 
 

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