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Hierarchische MPT Modellierung - Methodische Vergleiche und Anwendungsrichtlinien
Antragstellerin
Dr. Julia Groß
Fachliche Zuordnung
Allgemeine, Kognitive und Mathematische Psychologie
Förderung
Förderung von 2017 bis 2023
Projektkennung
Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 389614336
Multinomiale Verarbeitungsbaummodelle (engl. multinomial processing tree [MPT] models) sind stochastische Messmodelle für kategoriale Daten. Sie erlauben es, Antwortverhalten in experimentellen Aufgaben anhand zugrundeliegender latenter kognitiver Prozesse zu erklären. MPT Modelle sind für verschiedene psychologische Paradigmen entwickelt worden (z.B. Gedächtnis, Urteilen, Schlussfolgern, Einstellungsmessung) und haben in den letzten Jahrzehnten an Popularität gewonnen. Sie werden zunehmend bei der Untersuchung verschiedener Populationen eingesetzt, z.B. in der klinischen Forschung oder der Entwicklungspsychologie. Üblicherweise werden dabei Parameter für Versuchspersonen- oder Itemgruppen geschätzt. Dieser aggregierte MPT-Ansatz basiert auf der Annahme, dass es keine substanziellen Unterschiede zwischen Versuchspersonen oder Items gibt (Parameterhomogenität). Diese Annahme ist aber vermutlich in den meisten Anwendungen verletzt, was mit erheblichen Konsequenzen verbunden sein kann (z.B. verzerrte Parameterschätzungen und Modelfit-Statistiken). Die Reliabilität und Validität publizierter MPT Ergebnisse muss daher infrage gestellt werden. Bei realen empirischen Daten wurden Art, Ausmaß und Bedingungen dieser Verzerrungen bisher jedoch nicht wissenschaftlich-systematisch untersucht. Eines der zwei Hauptziele dieses Netzwerks ist es daher, eine großangelegte Reanalyse existierender MPT Daten aus verschiedenen Paradigmen durchzuführen. MPT Modelle für einzelne Individuen zu fitten ist aufgrund mangelnder Reliabilität oft keine adäquate Alternative für Wissenschaftler, die sich für Populationen mit inhärent großer Variabilität oder für individuelle (statt Gruppen-) Parameterschätzer interessieren (z.B. für Korrelationsanalysen). Hierarchische Varianten der MPT Modellierung (h-MPT) sind daher als Kompromiss entwickelt worden (z.B. Klauer, 2010; Smith & Batchelder, 2010). Sie berücksichtigen Parameterheterogenität, indem auf Populationsebene eine Verteilung der Parameter über Versuchspersonen und/oder Items spezifiziert wird. H-MPT-Modelle stellen eine vielversprechende und nützliche Weiterentwicklung der üblichen Praxis dar; jedoch ist ihre Anwendung anspruchsvoll. Die verschiedenen h-MPT-Ansätze stützen sich auf verschiedene statistische Vorgehensweisen und Verteilungsannahmen; außerdem gibt es zahlreiche Beurteilungskriterien für den Schätzprozess. Des Weiteren setzt die h-MPT-Modellierung bisher noch substanzielles Wissen und Programmierkenntnisse voraus, wodurch deren stringente Anwendung und Ergebnisinterpretation in der psychologischen Forschung verhindert wird. Das zweite Hauptziel des Netzwerks ist es daher, einheitliche h-MPT-Anwendungsrichtlinien zu etablieren. Nur durch die Verbindung von hoher methodologischer Expertise und empirischer Anwendungsbreite, wie sie das Netzwerk bietet, kann die Anwendung der h-MPT-Modellierung in der psychologischen Forschung optimal gefördert werden.
DFG-Verfahren
Wissenschaftliche Netzwerke
Mitverantwortlich(e)
Professorin Dr. Beatrice G. Kuhlmann