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Waterfront Metropolis Abidjan. Zwischen alltäglicher Urbanität, spontaner Besiedlung, Stadtplanung und Immobilienentwicklung

Antragstellerin Dr. Irit Ittner
Fachliche Zuordnung Ethnologie und Europäische Ethnologie
Afrika-, Amerika- und Ozeanienbezogene Wissenschaften
Förderung Förderung von 2017 bis 2020
Projektkennung Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 371001808
 
Erstellungsjahr 2020

Zusammenfassung der Projektergebnisse

Die stadtethnologische Forschung in Abidjan, dem Wirtschaftszentrum der Côte d‘Ivoire, untersuchte exemplarisch die Entstehung der ungeplanten/ spontanen Siedlung Adjahui im Stadtbezirk Port Bouët sowie die Stadtentwicklung der Metropole seit 2011. Die zentrale Fragestellung lautete: Wie verändert sich die waterfront Metropole Abidjan im dynamischen Zusammenspiel von alltäglicher Urbanität, spontaner Besiedlung, Stadtplanung und Immobilienentwicklung und wessen Interessen werden dabei gewahrt? Die Datenanalyse basierte auf einem qualitativen und quantitiativen Primär- und Sekundärdatensatz, der 2018 und 2019 in Abidjan erhoben wurde. Dieser beinhaltete einen ethnographischen Zensus in Adjahui, dessen Stichprobe (52 Hofgemeinschaften mit 591 Wohneinheiten und 535 Haushalten) mithilfe von 52 Planquadraten zufällig festgelegt wurde. Neben der Dokumentation des Wohnraumbestandes und der Belegung, wurden Interviews mit allen Bewohnern durchgeführt, die das Forschungsteam persönlich antraf (n=284 Haushalte). Weitere Datensätze, auf die sich die Analyse stützte, umfassten insgesamt 38 semi-strukturierte Interviews mit Hofbesitzern, Vertretern lokaler Organisationen und Experten, Forschungstagebücher, in denen Beobachtungen notiert wurden, eine systematische Sammlung von Artikeln der ivorischen Tageszeitung Fraternité Matin (2011-2018) zum Thema Stadtentwicklung sowie Fotodokumentationen verschiedener Stadtteile. Ivorische Kollegen fertigten eine empirische Studie zum Wassertransport nach Adjahui an, die 20 Interviews mit Bootsbesitzern und Fährleuten sowie eine Befragung von 384 Passagieren analysierte sowie Karten, die den Landnutzungswandel auf der Halbinsel Adjahui in den Jahren 2008, 2012, 2017 bzw. das Ausmaß der Landgewinnung an Abidjan‘s waterfronts von 2010-2017 darstellen. Die Studie unterstrich die Wichtigkeit spontaner Besiedlung für die Stadtentwicklung von Abidjan sowie für die Schaffung von Wohnungsbestand im niedrigsten Preissegment, auf den viele Mieter mit geringen Einkommen angewiesen waren. Sie illustrierte die Wichtigkeit des informellen Mietmarktes, des privaten Sektors sowie der differenzierten Analyse lokaler Interessen, insbesondere von Mietern und verschiedenen Kategorien von Hofbesitzern und Landeignern. Trotz diverser Interessen privater Akteure, Vereine und Chefs in Adjahui, zielten ihre Strategien insgesamt darauf ab, die Siedlung Adjahui zu verwalten, zu regeln, zu ordnen, zu formalisieren, auszustatten, ein friedliches Zusammenleben zu ermöglichen sowie die Interessen der Bewohner gegenüber externen Akteuren zu vertreten. Konfliktlinien zwischen Interessengruppen innerhalb der Siedlung wurden heruntergespielt. Diese Strategie lässt sich insgesamt als schrittweises Streben nach staatlicher, also legaler Anerkennung charakterisieren, um das Bestehen von Adjahui langfristig zu sichern. Der ivorische Staat und seine Verwaltungsinstanzen in Abidjan dienten darum als wesentliche Bezugspunkte und Adressaten, obwohl sie in Adjahui weitgehend abwesend waren. Die Analyse der Stadtentwicklung in der Metropole wies darauf hin, dass sich bestehende soziale und ökonomische Ungleichheiten in Abidjan sowie die Fragmentierung der Stadt in Stadtbezirke und Viertel mit Wohnungsbestand von sehr hoher Qualität einerseits und in prekäre Viertel und spontane Siedlungen andererseits im Forschungszeitraum weiter zuspitzten. Weil Maßnahmen zur Reduzierung dieser Ungleichheiten und ökologische Variablen zu wenig Beachtung bei der Stadtplanung und in der Politik fanden, blieben Chancen und Möglichkeiten einer konsequent nachhaltigen Stadtentwicklung ungenutzt.

Projektbezogene Publikationen (Auswahl)

  • 2019. Ferry transportation in Abidjan. Establishment, operation and sustainability of a paratransit system. ZEF Working Paper 179. Bonn. (21 Seiten)
    Kabran, E.G. und I. Eguavoen
  • 2020. Dernier refuge ou presqu’île d’opportunités? Démographie et conditions de vie à Adjahui-Coubé, un habitat spontané à Abidjan. ZEF Working Paper 187. Bonn. (67 Seiten)
    Eguavoen, I., P. Attemene, F. Kouame, E.K. Konan, C.A. Madhy und K. Gleisberg-Gerber
  • Geschäft mit illegalen Mietobjekten in Abidjan. Entwicklung + Zusammenarbeit, Vol. 12. 2021, pp.27-28.
    Eguavoen, Irit
  • “We do the social.” Deal-making by non-accredited estate agencies, small-scale investors and tenants around low-cost rental housing in Abidjan, Côte d’Ivoire. Afrika Focus, Vol. 34. 2021, Issue 2, pp. 183-212. (International Paper Award 2022, Geographisches Institut der Universität Bonn, Verleihung 19. Oktober)
    Eguavoen, I.
    (Siehe online unter https://doi.org/10.1163/2031356X-34020007)
  • Land reclamation for housing – the example of Côte d´Ivoire. Rural21, Vol 56. 2022, Issue 1, pp. 10-12. www.rural21.com
    Eguavoen, Irit
  • Reclamation and expulsion. Frontiers of city expansion and the loss of public and communal space at Abidjan’s lagoonal waterfronts. Urban Forum, Vol. 33. 2022, pp. 367–392.
    Eguavoen, Irit
    (Siehe online unter https://doi.org/10.1007/s12132-021-09451-7)
 
 

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