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Transnational Ageing in Australien. Implikationen der Transnationalisierung sozialer Lebenswelten für das Konzept Ageing in Place und für eine an die Bedürfnisse der Migrationsgesellschaft angepasste Sozial- und Gesundheitspolitik.

Antragstellerin Dr. Rosa Brandhorst
Fachliche Zuordnung Empirische Sozialforschung
Förderung Förderung von 2017 bis 2019
Projektkennung Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 365225047
 
Erstellungsjahr 2020

Zusammenfassung der Projektergebnisse

Das Projekt untersuchte transnationale Unterstützungsnetzwerke älterer Migrant*innen in Australien und ihre Aussagen zu "Ageing in Place". Die Forschungsergebnisse zeigen, dass die älteren Migrant*innen über ein geographisch nahes und distantes transnationales Unterstützungsnetzwerk verfügen. Sie halten durch Informations- und Kommunikationstechnologien (IKT) sowohl eine nostalgische Verbindung zum Herkunftsland - durch die Rezeption von Musik und Nachrichten in der Muttersprache - als auch Kontakt zu ihren entfernt lebenden Verwandten. Diese transnationale soziale Einbettung ist besonders zentral für ältere Menschen, da sie die alters- und gesundheitsbedingte eingeschränkte körperliche Immobilität ausgleicht. Die Forschungsergebnisse fordern somit das Konzept "Ageing in Place" heraus, das bislang soziale Unterstützung rein geographisch nah konzeptualisiert und dabei die steigende Mobilität und Transnationalisierung der alltäglichen Lebenswelt nicht mit einbezieht. Das Einbringen einer Transnationalitätsperspektive ermöglicht somit die Untersuchung von sozialer Unterstützung und Ressourcen von älteren Migrant*innen nicht nur in der Nachbarschaft sondern auch über Entfernungen und Nationalstaaten hinaus, sowie die Berücksichtigung des Einflusses von Mobilität und Migration auf verändernde Raumerfahrungen und damit assoziierte Erfahrungen von Gemeinschaft, Familie und Zuhause, sowie den Einfluss von neuen Technologien in der Wahrnehmung eines Ortes nicht nur als physisch sondern auch virtuell. Die Forschungsergebnisse zeigen, dass die älteren Migrant*innen Beziehungen zu ihrem sozialen Netzwerk im Herkunfts- und Ankunftsland pflegen. Dieses Unterstützungsnetzwerk über IKT kann als eine Form von sozialem Kapital konzeptualisiert werden, das als "digitales soziales Kapital" bezeichnet wird, und sowohl die soziale Einbettung im transnationalen Raum als auch die Inkorporation im lokalen Umfeld der Migrant*innen ermöglicht. Dennoch zeigt die Studie, dass die Aufrechterhaltung transnationaler sozialer Netzwerke und die damit verbundene Organisation von Care durch temporäre Aufenthaltsbestimmungen und restriktive Migrationspolitik des australischen Mobilitätsregimes eingeschränkt sind. So sind Ansprüche auf Sozialleistungen, Gesundheits- und Pflegeleistungen an Aufenthaltsstatus und Staatsbürgerschaft gekoppelt. Der Zugang zu Mobilität und transnationaler sozialer Unterstützung ist in komplexe Ungleichheitsstrukturen eingebunden und abhängig vom legalen und sozioökonomischen Status im Ankunftsland und der Position des Herkunftslandes in der globalen geopolitischen und sozioökonomischen Hierarchie. Basierend auf diesen Ergebnissen wird ein Mobilitäts- und Wohlfahrts-Regime Ansatz für die Erforschung von transnationalen Familien und transnationaler sozialer Unterstützung vorgeschlagen, der die Verflechtung von Mobilitäts- und Wohlfahrtsregimen berücksichtigt. Die vergleichende Analyse der Migrations-, Gesundheits- und Sozialpolitik sowie der Altenpflege von Australien und Deutschland ergibt, dass die unterschiedlichen Migrationspolitiken beider Länder verschiedene Ansätze der Anpassung der Altenpflege an die Zielgruppe der älteren Migrant*innen hervorbrachten. Deutschlands Altenpflegeeinrichtungen sind bislang unzureichend auf die Bedürfnisse von älteren Menschen mit Migrationserfahrung ausgerichtet. In diesem Aspekt kann die australische Multikulturalismuspolitik mit der offiziellen Anerkennung und staatlichen Förderung von Migrant*innenorganisationen sowie ethnospezifischen und multikulturellen Altenpflegeeinrichtungen Impulse für den Umgang mit Diversität in der Altenpflege in Deutschland geben. Zudem ergibt die komparative Analyse, dass weder Australien noch Deutschland über eine innovative transnationale Sozial- bzw. Wohlfahrtspolitik verfügen. Basierend auf diesen Ergebnissen plädiert die Antragstellerin für einen 'Migration-turn' in Altenpflegepolitik und Praxis. Dieser fordert 1) eine verstärkte Berücksichtigung des steigenden Anteils an älteren Migrant*innen in Einwanderungsländern, 2) eine Anerkennung und Orientierung an Bedarfen der ethnisch und kulturell diversen älteren Bevölkerung, und 3) die politische Anerkennung der Rolle transnationaler informeller Unterstützungsnetzwerke als Ressourcen für die Pflege älterer Migrant*innen sowie die Schaffung bilateraler und transnationaler Politiken zur Unterstützung dieser.

Projektbezogene Publikationen (Auswahl)

 
 

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