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At the border of the canon: The pseudepigraphy of the First Epistle to Timothy in the intertextual context

Subject Area Roman Catholic Theology
Protestant Theology
Term from 2017 to 2022
Project identifier Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Project number 360209447
 
Final Report Year 2021

Final Report Abstract

"Die Analyse der sogenannten Pastoralbriefe des Neuen Testaments (1 Tim, 2 Tim, Tit)" war in der europäischen Exegese der letzten Dekaden über weite Strecken von zwei Grundannahmen geprägt. Einerseits wurden die angeblich von Paulus verfassten Schreiben wegen auffälliger Ähnlichkeiten als Corpus Pastorale angesehen, das heißt als ein zusammenhängendes literarisches Werk. Andererseits wurden die somit als Pseudepigraphen, das heißt als unter falschem Namen verfasste Texte, gern um 100 n. Chr. datiert. Beide Annahmen wurden in den letzten Jahren verstärkt hinterfragt. Das Überdenken der Verfasserfrage führte nicht nur in der angelsächsischen Auslegung zunächst zunehmend zur Hypothese, wenigstens einzelne der Schreiben seien doch vom Apostel selbst oder einem unmittelbaren Schüler verfasst worden, was eine entsprechende Frühdatierung implizierte. Obschon die paulinische Verfasserschaft der Pastoralbriefe spätestens seit Ende des 18. Jahrhunderts angezweifelt wurde, finden sich bis dato kaum Studien, die einen der Briefe als in sich abgeschlossenes pseudepigraphisches Werk untersuchen. Dieses Desiderat verdankt sich dem Umstand, dass im Verbund mit der steigenden Akzeptanz der Pseudepigraphie auch die Korpus‐These an Zustimmung gewann. Hier setzte das durchgeführte Forschungsprojekt an, dessen Ziel es war, die literaturgeschichtliche Einordnung des Ersten Timotheusbriefes zu bestimmen. Drei Arbeitshypothesen waren dabei leitend: Die Pastoralbriefe wurden als drei pseudepigraphische, aber in sich abgeschlossene Texte verstanden und außerdem als Spätschriften eingestuft, die den neutestamentlichen Kanon zumindest hinsichtlich der zeitlichen Einordnung begrenzen. Für die detaillierte Analyse fiel die Wahl auf den Ersten Timotheusbrief, weil dieser die beiden anderen Pastoralbriefe bereits voraussetzen dürfte und er sich für eine intertextuelle Studie daher empfahl. Die Arbeitshypothesen konnten insoweit abgesichert werden, als aufgrund formaler wie inhaltlicher Gründe von drei in sich abgeschlossenen Schreiben auszugehen ist. Hinsichtlich der Datierung wurde die in der Forschung bisweilen bereits vorgenommen Spätdatierung der Pastoralbriefe insofern unterstützt, als sich diese aufgrund der Adaption vorausliegender Pseudepigraphen nahelegt und eine damit konkurrierende extreme Spätdatierung des Zweiten Petrusbriefes infrage gestellt werden darf. Maßgeblich für die Bewertung der späten neutestamentlichen Paulus‐Pseudepigraphie ist jedoch die von Anna Leckel durchgeführte Untersuchung, die anhand einer eigens entwickelten Kriteriologie deutlich werden lässt, dass der Verfasser des Ersten Timotheusbriefes sehr wohl um die pseudepigraphische Gestalt der beiden ihm vorausliegenden Pastoralbriefe wusste. Denn er reflektierte offenbar deren Fiktionalität und adaptierte diese Texte daher in anderer Weise als die echten Schreiben des Apostels Paulus, die er vorwiegend zur Legitimation aufgriff. Mit den beiden anderen Pastoralbriefen setzte er sich dagegen kritisch auseinander, wobei er sich vom Titusbrief deutlicher absetzte als vom Zweiten Timotheusbrief. Das mag sich auch in der gewählten Adressatenbezeichnung widerspiegeln. Der Erste Timotheusbrief ordnet somit die frühchristliche Überlieferung. Die im Zugriff auf ältere Schreiben beobachteten Kanonisierungstendenzen betreffen allerdings zuvorderst die paulinische Tradition, während der Verfasser die petrinische Pseudepigraphie und den wohl schon bekannten Polykarpbrief weitgehend unberücksichtigt ließ.

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