Philosophy Norm and Nature
History of Philosophy
Final Report Abstract
Das Heisenbergprojekt Norm und Natur hat die Umrisse und Potentiale einer besonderen Form von Naturalismus herausgearbeitet, die in der zeitgenössischen Diskussion bislang unzureichend hervorgetreten sind. Betrachtet man die zeitgenössische Diskussion um den Naturalismus, so scheint das Feld durch drei Grundpositionen abgesteckt zu sein: Am einen Ende des Feldes stehen Formen eines reduktiven Naturalismus, die beanspruchen, Normatives auf Natürliches reduzieren zu können; am anderen Ende stehen subjektive Idealismen, die auf dem nichtnatürlichen Charakter des Raums der Gründe insistieren; dazwischen stehen Formen eines entspannten oder liberalen Naturalismus, die beanspruchen, die natürliche Realität des Normativen begreifen zu können, ohne Normatives dadurch auf Natürliches im engeren Sinne reduzieren zu müssen. So attraktiv die Position eines entspannten Naturalismus zunächst erscheinen mag, so begründet sind die Zweifel daran, ob es sich hierbei tatsächlich um eine stabile Position handelt oder ob diese sich unter Druck nicht doch entweder als eine Variante des reduktiven Naturalismus oder des Idealismus erweist. Vor diesem Hintergrund hat das Projekt Norm und Natur die Umrisse eines dialektischen Naturalismus herausgearbeitet, der eine aussichtsreichere dritte Position zwischen reduktivem Naturalismus und subjektivem Idealismus darstellt. Dialektischer Naturalismus zielt im Unterschied zum entspannten Naturalismus nicht darauf, die Spannung zwischen Natur und Geist einfach zu ermäßigen. Er insistiert vielmehr auf der Spannung und bindet die Verwirklichung des Geistigen an die Hervorbringung einer anderen oder zweiten Natur, die diese Spannung verinnerlicht. Diesen dialektischen Naturalismus hat das Projekt in drei Teilprojekten entfaltet, die dafür Einsichten der Philosophie des späten 18. und des 19. Jahrhunderts mobilisiert haben. Das erste Teilprojekt (1) hat Drei Formen des ethischen Naturalismus unterschieden und in Auseinandersetzung mit Nietzsches moralphilosophischen Schriften eine Form des Naturalismus herausgearbeitet, der weder reduktiv noch konstitutivistisch, sondern genealogisch verfährt und durch ein dialektisches Verhältnis von Norm und Natur gekennzeichnet ist. Das zweite Teilprojekt (2) Die Kunst der zweiten Natur widmete sich im Anschluss an Kant der Rekonstruktion eines modernen Begriffs der zweiten Natur, der diesem dialektischen Naturalismus entspricht. Es handelt sich dabei um einen Begriff von zweiter Natur, der durch ästhetische Paradigmen informiert ist und die Hervorbringung der zweiten Natur als einen schöpferischen und expressiven Prozess bestimmt. Das dritte Teilprojekt (3) Selbstbewusstsein und Selbstvergegenständlichung schließlich hat einen Begriff des Selbstwissens im Anschluss an Hegel entwickelt, der verdeutlicht, dass Selbstwissen eine Gestalt praktischen Wissens ist, die dem Wissen von mir als Gegenstand nicht entgegengesetzt ist, sondern vielmehr eine soziale Form der Selbstentäußerung und Selbstvergegenständlichung einschließt.
Publications
- Die Kunst der zweiten Natur und die andere Natur der Kunst. Deutsche Zeitschrift für Philosophie, Bd. 66. 2018, Heft 3, S. 339-361.
Thomas Khurana
(See online at https://doi.org/10.1515/dzph-2018-0026) - Politics of Second Nature: On the Democratic Dimension of Ethical Life. In: P. Stekeler-Weithofer, B. Zabel (Hrsg.), Philosophie der Republik, Tübingen: Mohr 2018, pp. 422–436.
Thomas Khurana
(See online at https://dx.doi.org/10.1628/978-3-16-155407-0) - Die Wiederkehr des Problems in seiner Lösung. Philosophisches Jahrbuch, Jg. 126. 2019, 1. Halbband, pp. 117-132, ISBN: 978-3-495-45101-4.
Thomas Khurana
- ‚I do not cognize myself through being conscious of myself as thinking‘: Self-Knowledge and the Irreducibility of Self-Objectification in Kant.
Canadian Journal of Philosophy, Vol. 49. 2019, Issue 7, pp. 956-979.
Thomas Khurana
(See online at https://doi.org/10.1080/00455091.2019.1610325)