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Sakraltopographie einer Klosterlandschaft und ihre Entwicklung auf dem Hügel von Dra Abu el-Naga / Oberägypten: Deir el-Bachît und das thebanische Pauloskloster
Antragsteller
Dr.-Ing. Ralph Bodenstein, seit 10/2022
Fachliche Zuordnung
Ägyptische und Vorderasiatische Altertumswissenschaften
Förderung
Förderung seit 2017
Projektkennung
Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 324347917
Das Pauloskloster (Deir el-Bachît) auf dem Hügel von Dra‘ Abu el-Naga in Theben-West / Oberägypten umfasst innerhalb einer komplexen und weitläufigen Klosterlandschaft verschiedene monastische Einrichtungen: ältere Anachoretenbehausungen in den Anlagen XXVI und XXVII, die ab dem 5. Jh. bewohnt wurden und eine erst ab dem späten 6./Anfang 7. Jh. n.Chr. entstandene koinobitische Gemeinschaft im Hauptkloster, die Anfang des 10. Jh. aufgegeben wurde. Aufgrund der außergewöhnlich guten Befundsituation vor Ort stehen Fragen nach den Hierarchien und Sozialstrukturen der monastischen Gemeinschaft, den funktionalen, sozialen und religiös-kultischen Zusammenhängen zwischen den monastischen Einrichtungen auf dem Hügel und dem Wandel der monastischen Strukturen von Anachoretenbehausungen (XXVI, XXVII) hin zu einer koinobitischen, den ganzen Hügel umfassenden Gemeinschaft (Hauptkloster, XXVI, XXVII) im Vordergrund.In den Jahren 2017 bis 2020 konnte eine zweite Kirche in Anlage XXVI sowie der ehemalige Standort einer Kirche im Hauptkloster identifiziert werden. Diesen können verschiedene Funktionen zugeschrieben werden: Während in Anlage XXVI die Verehrung des Gründungsvaters (hl. Paulos?) stattfand, scheint im Hauptkloster eine Nutzung der Kirche durch die Mönche der Gemeinschaft im Vordergrund gestanden zu haben.Veränderungen im Hauptkloster sind ab der Mitte des 8. Jh. durch eine Vergrößerung der Unterkunftsbauten und Straffung ihrer Organisation greifbar. Es konnte eine Bildungselite identifiziert werden, die besondere Aufgaben am Kloster wahrnahm und aus der die späteren Klostervorsteher hervorgingen, deren Liste weiter vervollständigt wurde. Am spektakulärsten ist aber wohl die Entdeckung von Fragmenten einer magischen Lederhandschrift, bei denen es sich wohl um Teile des berühmten „Cookbook“ aus dem British Museum, London handelt. Ziel ist es, den religiösen Einfluss des Klosters, seine wirtschaftliche und soziale Bedeutung und seine Vernetzung mit den anderen Klöstern und Siedlungen der thebanischen Westseite möglichst zu rekonstruieren und zugleich die Wechselwirkung regionaler und überregionaler Ereignisse und Strömungen auf die Klosterentwicklung zu klären. Zur Beantwortung dieser Fragen wird das Kloster ganzheitlich untersucht: Archäologische Ausgrabungen, baugeschichtliche Untersuchungen, Fundbearbeitung und Textauswertung stehen dabei in Verbindung mit einer Sichtung musealer Bestände und publizierter Texte. Verfolgt wird dabei ein Forschungsansatz, der die kulturgeschichtliche Entwicklung des Klosters in seinem regionalen und überregionalen Kontext im Blick hat. Eine solche komplexe, auf engem Raum angesiedelte Klosterlandschaft ist bislang einmalig. Durch die Verknüpfung der archäologischen Befunde mit den Texten und Fundobjekten entsteht ein einzigartiges Bild eines Klosters und seiner Entwicklung durch die Jahrhunderte, gerade für die in Ägypten ansonsten eher schlecht dokumentierte Zeit der Spätantike und des Frühmittelalters.
DFG-Verfahren
Sachbeihilfen
Internationaler Bezug
Österreich
Partnerorganisation
Fonds zur Förderung der wissenschaftlichen Forschung (FWF)
Kooperationspartnerin
Dr. Ina Eichner
Ehemaliger Antragsteller
Dr. Daniel Polz, bis 9/2022