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Awareness: Techniken der Vergegenwärtigung und subjektive Wiederaneignung von Zeit in zeitgenössischem Tanz

Fachliche Zuordnung Theater- und Medienwissenschaften
Förderung Förderung von 2016 bis 2023
Projektkennung Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 319305163
 
Das Forschungsvorhaben will die epistemische Dimension awareness-basierter Körperpraktiken in ihrer Beziehung zu Ästhetiken, Organisationsformen und Aufführungsformaten des zeitgenössischen Tanzes untersuchen. Im Hinblick auf die Durchdringung von künstlerischen, therapeutischen, soziopolitischen und ökonomischen Praktiken seit den 1960er Jahren soll herausgearbeitet werden, welche Vorstellungen vom Körper und von den Beziehungen zwischen Körpern durch Übungsformen erzeugt werden, deren Epistemologie auf dem Evidenzeffekt von Vergegenwärtigung beruht. Die Untersuchungen setzen an bei der Diskrepanz zwischen wissenschaftlichen Beschreibungen des Körpers und dem Erleben des Körpers durch die Subjekte, die zu den »Verlegenheitsstellen« (Blumenberg) modernen Lebens gehört. Von awareness ausgehende Körperarbeit antwortet auf diese Verlegenheit mit einer Resubjektivierung von Körperzeit, die darauf abzielt, dem modernen Subjekt die Verfügung über die Zeit zurückzugeben und sich endliches, flüchtiges Leben qua Differenzierung von Aufmerksamkeit erneut anzueignen. Awareness, verstanden als gelenkt-lenkende Vergegenwärtigung, dient als Instrument einer Wiederaneignung von Körperzeit. Im Bereich des zeitgenössischem Tanzes ist ein wesentlicher Ort dafür der Workshop als globales Erfolgsformat. Denn subjektive Eigen-Zeit konstituiert sich hier nicht durch ein primäres Selbstverhältnis, das dem Subjekt zuzuschreiben wäre, sondern das subjektiv Eigene der Zeit entsteht vermittels einer gemanagten körperlichen Anwesenheit in einem Übungsraum. Gegenstand der Untersuchungen sind daher Entwicklungen von Tanz-Aufführungen aus körperpraktischen Workshops. Das Projekt will sich sowohl mit den ideologischen Aspekten als auch mit den ästhetischen, sozialen und politischen Potenzialen der Resubjektivierung von Zeit befassen. Es strebt an, so einen Beitrag zur Klärung des »Eigen-« von Eigenzeiten zu leisten. Im Anschluss an eine Auseinandersetzung mit dem Format des Workshops, seiner besonderen Raumzeitlichkeit und deren Bedeutung für die Körper-Episteme im zeitgenössischen Tanz sollen drei signifikante Beispiele analysiert werden, bei denen Workshops nicht lediglich zu Training und Vorbereitung dienen, sondern die Ästhetik der Aufführung maßgeblich generieren: die Choreographie »No Time to Fly« von Deborah Hay, die 2010 in einem großformatigen, über mehrere Monate andauernden Workshop entwickelt wurde; die von Xavier Le Roy initiierte mehrjährige Workshop-Serie »E.X.T.E.N.S.I.O.N.S«, die 2003 zum Aufführungsformat »Project« führte; die von Peter Pleyer geleitete, in Zusammenarbeit mit den Choreograph/innen Meg Stuart, Sasha Waltz, Jeremy Wade, Yoshiko Chuma, Mark Tompkins und Eva Karczag sowie einer Gruppe junger Tänzer/innen 2014 in einem an drei Abenden stattfindenden Workshop mit Publikum angestoßene Produktion »Visible Undercurrent«.
DFG-Verfahren Schwerpunktprogramme
 
 

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