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Bombenkrater. Das Bild der terroristischen Moderne
Antragsteller
Professor Dr. Gunnar Schmidt
Fachliche Zuordnung
Theater- und Medienwissenschaften
Förderung
Förderung in 2016
Projektkennung
Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 316246880
Mit dem Ersten Weltkrieg entsteht im Bereich der Fotografie und der Kunst ein neues Bildmotiv, das bis heute ein mal offensichtliches, mal untergründiges Fortleben aufweist: das Motiv des Bombenkraters. Trotz weitreichender Forschungen zum Kriegsbild in Geschichts-, Medien- und Kunstwissenschaft gibt es bisher keine Studie, die das Kraterbild in seinen Wandlungen und sich ändernden Verwendungen sowie Semantiken würdigt. Ausgangpunkt für die Studie waren aktuelle Pressefotografien von Anschlagsorten, an denen vor allem islamistische Terroristen Bomben hatten explodieren lassen. Diese Bilder, die seit den späten 1990er Jahren vermehrt veröffentlicht wurden und inzwischen massenhaft existieren, zeichnen sich dadurch aus, dass sie einzelne Bombenkrater als Zentralmotiv führen. Aus der Erkenntnis, dass mit dem modernen Terror ein klischeehaftes Bildmotiv entstand, ergaben sich weitere Recherchen im historischen Feld. Die intensive Materialsuche ergab, dass das gesamte 20. Jahrhundert eine unübersehbare Menge an Bombenkraterbildern hervorgebracht hatte. Die Anlässe, Funktionen und Ästhetiken der Bilder sind dabei äußerst divers: Private Fotografien von Soldaten, Bilder von Journalisten und Dokumentaristen sowie militärische Aufklärungs- und Propagandafotografien stehen neben künstlerischen Arbeiten, die in unterschiedlichen Medien ausgeführt sind: Fotografie, Zeichnung, Malerei, Grafik und Skulptur. Vor allem während des Ersten Weltkriegs entstand eine Vielzahl an künstlerischen Darstellungen mit dem Krater-Motiv.In fünf Kapitelschritten werden signifikante Epochenkonflikte ikonografisch erkundet: Erster Welt-krieg, Zweiter Weltkrieg, Atomwaffentests, Vietnamkrieg, islamistischer Terror. Die unterschiedlichen ikonografischen Ausdrucksformen sowie ihre jeweiligen zeitgebundenen Kontexte - Orte der Kriege, Kriegsführung, Produktions- und Rezeptionsbedingungen der Bilder - werden als Mitteilungen verstanden, die über spezifische kulturelle Affektlagen Auskunft geben: über Traumatisierungen und existentielle Erlebnissituationen, über Trauerarbeit, Verleugnung und Größenfantasien, über Landschafts- und Energieerfahrungen, aber auch über Hoffnung und Utopiewünsche.Der gewagt erscheinende Untertitel der Monografie wird im Zuge der Untersuchung plausibilisiert: Ein bisher nicht gesichteter riesiger Bildkomplex, der seine spurende Wirkung im Bewusstsein und in den Gefühlen hinterlassen hat, wird erstmals in seiner Bedeutung ausgestellt. Wer sich der Mas-se an ikonografischen Artefakten aussetzt, wird nicht umhin können, darin die Vergegenständlichung eines epochalen fassungslosen Schauens in einen Abgrund zu erkennen. Moderner Terror, der derzeit für globale Unruhe sorgt, wird in der nachträglichen Historisierung über das Bildformativ als Kraft anschaulich, die nicht darauf zielt, Räume zu beherrschen, sondern durch Schreckensdesign unbehausbar zu machen.
DFG-Verfahren
Publikationsbeihilfen