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Magenölablagerungen von Schneesturmvögeln (antarktisches Mumiyo) als Umweltarchive in der terrestrischen Ostantarktis

Antragstellerin Dr. Sonja Berg
Fachliche Zuordnung Mineralogie, Petrologie und Geochemie
Paläontologie
Förderung Förderung von 2016 bis 2019
Projektkennung Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 314910053
 
Erstellungsjahr 2019

Zusammenfassung der Projektergebnisse

Die Antarktis ist eine wichtige Komponente im Klimasystem der Erde. Der polare Eisschild und der ihn umgebende Ozean beeinflussen den globalen Meeresspiegel, die ozeanische Zirkulation und damit den Wärmetransport sowie die marine Produktivität und die Albedo. Aufgrund der entfernten Lage der Ostantarktis und der beschränkten Verfügbarkeit von Archiven bleiben zahlreiche Fragen bezüglich der klimatischen Variabilität in der Vergangenheit für diese Region offen. Um ein umfassendes Bild der Entwicklung des antarktischen Eisschildes und dem Zusammenhang zu Klima- und Umweltänderungen zu erhalten, sind Archive mit einer zuverlässigen zeitlichen Einordnung unabdingbar, jedoch gerade in der terrestrischen Antarktis besonders rar. Schneesturmvögel (Pagodroma nivea) brüten ausschließlich auf unvergletschertem, eisfreiem Untergrund, meist entlang der antarktischen Küste, während sich ihre Fressgründe im Packeis und im offenen Wasser des Südozeans befinden. In der Umgebung der Nistplätze entstehen Ablagerungen von Magenöl, das von den Vögeln zur Abwehr von potentiellen Angreifern ausgestoßen wird. Diese bis zu mehrere Dezimeter mächtigen Ablagerungen (Mumiyo) beinhalten eine zeitliche Abfolge, die als Archiv für die Besiedlungsgeschichte durch die Schneesturmvögel genutzt werden kann. Hierbei lassen sich nicht nur Aussagen zum Zeitpunkt des Eisrückzugs ableiten, sondern auch über die Bedingungen in der marinen Umwelt in der Vergangenheit, z.B. über Änderungen in der Zusammensetzung der Nahrung und der damit verbundenen ozeanographischen Bedingungen (z.B. Meereisbedeckung, Nährstoffangebot im Oberflächenwasser). Das Potential als Archiv für Paläoumweltrekonstruktionen wurde bisher jedoch kaum berücksichtigt. In diesem Projekt haben wir eine systematische Untersuchung der Chronologie und Stratigraphie von Mumiyoablagerungen aus dem zentralen Dronning Maud Land durchgeführt und ihre chemische Zusammensetzung untersucht (Biomarker, stabile Isotope und anorganische Zusammensetzung). Die hier betrachteten, fein laminierten Ablagerungen zeigen eine konsistente Alters-Tiefenabfolge und können somit für detaillierte Rekonstruktionen genutzt werden. Die 14C-Datierungen zeigen, dass die Besiedlung in diesem Gebiet weiter als 58 tausend Jahre zurück reicht. Dies ist weit älter, als bisher bekannt. Dies bedeutet, dass hier auch während der letzten Eiszeit Schneesturmvögel ansässig waren und somit zumindest teilweise offener Ozean (z.B. in Polynyas), bzw. Packeis vor der Küste vorhanden war, der den Vögeln als Ort zur Nahrungsaufnahme diente. Das Vorhandensein von Polynyas in dieser Zeit ist von großer Relevanz, da hier die Bildung von dichtem Bodenwasser erfolgt, die die Ozeanzirkulation und somit Stoff- und Wärmeflüsse zwischen Atmosphäre und Ozean beeinflusst. Weiter führende Studien sollten darauf abzielen, aus der Zusammensetzung von Mumiyo Ablagerungen Proxies für Umweltrekonstruktionen an Land, aber auch für die Struktur mariner Nahrungsketten und der Ökologie der Schneesturmvögel, zu entwickeln.

Projektbezogene Publikationen (Auswahl)

 
 

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