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Erzählökonomie und Identitätskrise. Der russische ethnographische Roman 1860-1890
Antragsteller
Dr. Konstantin Kaminskij
Fachliche Zuordnung
Allgemeine und vergleichende Literaturwissenschaft; Kulturwissenschaft
Förderung
Förderung von 2016 bis 2022
Projektkennung
Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 312995612
Das folgend vorgestellte Forschungsprojekt stellt sich die Aufgabe, den russischen ethnographischen Roman in seiner Blütezeit 1860-1890 als eigenständiges, kulturell einflussreiches Genre grundlegend zu erschließen, da eine systematische literaturwissenschaftliche Aufarbeitung bisher nicht erfolgt ist. Das Hauptziel der geplanten Untersuchung besteht in der Konzeption einer transdisziplinär anschlussfähigen, kulturwissenschaftlich aussagekräftigen Gattungspoetik des russischen ethnographischen Romans.Ein erster wesentlicher Schritt in der geplanten Bestimmung und Beschreibung des Genres besteht in seiner literaturhistorischen Verortung sowie in der diskursiven Kontextualisierung seiner Entstehung und literarischen Entwicklung. Dabei soll im Besonderen die produktive Interferenz zwischen dem ethnographischen Roman und der russischen Volkstümlichkeits- Bewegung des 19. Jahrhunderts und ihren diversen Strömungen, wie zum Beispiel den Slawophilen, den narodniki und den Anarchisten, ausgewertet werden.Das Forschungsvorhaben erfordert in der Hauptsache eine eingehende Analyse der Themen, Sujets und distinktiven narrativen Verfahren der Romanform und ihrer Funktionen. Hierbei steht der wissenshistorisch bedeutsame Befund im Mittelpunkt der Betrachtung, dass die repräsentativen Werke des Genres wissenspoetische Techniken der Ethnographie und Folkloreforschung inkorporieren und auf diese Weise auch umgekehrt Rückkopplungseffekte auf die Formierung der russischen ethnographischen Schule selbst zeitigen. Die Forschungsergebnisse aus der Untersuchung dieser folgenreichen Wechselwirkung sollen zu wissensgeschichtlichen und erzählanthropologischen Thesen zusammengeführt werden.Das vorgeschlagene Projekt ist außerdem um die Offenlegung der soziokulturellen Positionen und Wirkungen des dezidiert engagierten Genres bemüht und beschäftigt sich daher sowohl mit den maßgeblichen intellektuellen und ideologischen Einflüssen der Autoren wie mit der Verbreitung und Rezeption des russischen ethnographischen Romans. In diesem Zusammenhang soll gezeigt werden, dass in diesem literarischen Medium konsequent die politökonomischen Diskussionen der Bauernfrage sowie die kulturelle Integration ethnischer Minderheiten reflektiert und zugleich inspiriert werden.
DFG-Verfahren
Sachbeihilfen