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Untersuchungen zur Transformation ursprünglich lokomotorischer Arthropodien zu sensorischen Anhängen bei Arthropoden am Beispiel der Terminalbeine der Hundertfüßer (Chilopoda)

Antragsteller Privatdozent Dr. Carsten Müller, seit 11/2018
Fachliche Zuordnung Systematik und Morphologie der Tiere
Förderung Förderung von 2016 bis 2019
Projektkennung Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 310332836
 
Das Arthropodium kann verschiedenste Modifikationen und Funktionen besitzen und zählt zu einer der Schlüsselinnovationen der Arthropoden. Der in den verschiedenen Arthropodentaxa mehrfach unabhängig vollzogene Trend zur Tagmatisierung von Kopf und Rumpf resultierte in einer vielfach konvergenten Abwandlung von ursprünglich lokomotorischen Rumpfbeinen zu Anhängen mit abgeleiteter Funktion. Die Körperanhänge der Arthropoden gelten daher als vorzügliche Forschungsobjekte zum Verständnis adaptiver Evolutions- und morphologischer Transformationsprozesse. Die evolutionsmorphologische Plastizität des Arthropodiums ist besonders für Mundwerkzeuge, Giftklauen, Antennen und nicht cephale Sinnesanhänge, Gonopoden, sowie für Grab-, Raub-, Wehr- und Greifextremitäten des Kopfes und Vorderrumpfes gut belegt. Weniger umfassend dokumentiert sind hingegen Transformationen von Rumpfbeinen der hinteren Rumpfregion (Ausnahmen: z.B. Cerci und Ovipositoren der Hexapoda), obwohl sich gerade am Hinterende des Rumpfes auffällig veränderte, kräftig entwickelte Beine befinden. Ein gutes Beispiel liefern hier die Hundertfüßer (Chilopoda), deren letztes Rumpfbeinpaar (Terminalbeine) nicht mehr zum Laufen eingesetzt wird, sondern parallel zum oder schräg aufragend vom Substrat gehalten werden. Bei vielen Vertretern der Lithobiomorpha, Scolopendromorpha und Geophilomorpha sind die Terminalbeine im Verhältnis zu den Laufbeinen verdickt. Nicht selten ist dies mit einem distinkten Sexualdimorphismus gekoppelt. Noch spektakulärer ist allerdings das Phänomen stark verlängerter Terminalbeine durch Annulierung: Bei Scutigeromorpha und einigen Scolopendromorpha sind die Terminalbeine sehr dünn und übertreffen damit die Körperlänge deutlich. Hier ähneln die Terminalbeine Antennen. Voruntersuchungen zeigen zudem, dass sich auf den Terminalbeinen zahlreiche Sensillen befinden, die hinsichtlich Diversität, Anordnung und Abundanz mit solchen auf den Antennen durchaus vergleichbar sind (z.B. schnabelförmige Sensillen). Das Ziel dieses Projektes ist es, die sensorische Ausstattung, Innervationsmuster und Funktion der annulierten Terminalbeine von ausgesuchten Vertretern der Scutigeromorpha (u.a. Scutigera coleoptrata, Dendrothereua homa) und Scolopendromorpha (u.a. Newportia spp.) mit Hilfe multimodalmikroskopischer (LM, EM, cLSM), immunhistochemischer und elektrophysiologischer Methoden zu untersuchen. Mit den geplanten Studien beabsichtigen wir zum Beispiel die Hypothese zu prüfen, ob sich die antennen-ähnlichen Terminalbeine der Scutigeromorpha ausgehend von einem vormals konventionellen (wahrscheinlich lokomotorischem) Rumpfbeinpaar im Zuge einer konvergenten Akquise antennaler Sinnes- und neuronaler Verarbeitungsqualitäten evolviert haben könnten. Ferner fragen wir uns, ob und wenn ja bis zu welchem Grad, funktions- oder konstruktionsmorphologische Zwänge z.B. spezifische Kompartimentierungen im zuständigen Rumpfganglienpaar bedingen (u.a. Glomeruli im olfaktorischen Pfad).
DFG-Verfahren Sachbeihilfen
Ehemaliger Antragsteller Dr. Andy Sombke, bis 11/2018
 
 

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